Pädophiler vor dem Amtsgericht:888 Bilder und 103 Videos

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Geständiger 43-jähriger Familienvater wird wegen Besitzes und Verbreitung von Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Man sieht dem Mann im grauen Anzug an, dass er am liebsten in den Boden versinken würde vor Scham. Die meiste Zeit des Verfahrens sitzt er zusammengesunken und mit gesenktem Blick auf der Anklagebank. Aber Amtsrichter Johann Steigmayer macht ihm klar, dass er sich schlimme Dinge zur Last legen lassen muss und er dafür die Konsequenzen tragen muss. Der verheiratete Vater zweier Teenager, der im westlichen Landkreis lebt, räumt den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Schriften ein. Er lässt seinen Anwalt für sich sprechen. Nur als der Richter ihm vor den Plädoyers und der Urteilsverkündung die Gelegenheit gibt, sich noch zu äußern, steht er auf und entringt sich mit leiser Stimmer die Worte: "Ich bereue es zutiefst."

Das Urteil, ein Jahr und fünf Monate auf Bewährung sowie 2000 Euro, zu zahlen an einen gemeinnützigen Verein, fällt nach einer Absprache - einer so genannten Verfahrensverständigung, gemeinsam mit Rechtsanwalt und Staatsanwalt, hinter verschlossenen Türen. Dabei war der Bereich der Strafe eingegrenzt worden auf 15 bis 20 Monate. Steigmayer begründet das mit dem umfänglichen Geständnis, durch das sich auch die Anhörung von Ermittlungsbeamten erübrigt und eine möglicherweise komplizierte Beweisaufnahme. Zudem ist der Mann bis dato unbescholten, hat also keine Vorstrafen. Vor allem aber lässt der Mann auf der Anklagebank Reue erkennen und den Willen, gegen seine verhängnisvollen Neigungen anzugehen: Er hat bereits Ende 2018 mit Therapiegesprächen begonnen und ist für eine stationäre Therapie angemeldet.

Die Polizei hatte auf drei Festplatten und einem Computer 888 Bilder sowie 103 Videos sichergestellt, die Mädchen und Jungen, vom Kleinkind bis zum Teenager, nackt und in eindeutigen Posen oder auch bei sexuellen Handlungen mit Erwachsenen zeigen. Der Besitz solcher Dateien ist ebenso strafbar wie die Weitergabe. Die englischsprachigen Dateititel lassen darauf schließen, dass diese aus den USA stammen. Der Mann hatte unter einem Pseudonym Dateien mit kinderpornografischen Inhalten in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt zehn Mal im Chat-Bereich eines US-amerikanischen Internetportals anderen Nutzern zur Verfügung gestellt. Das bestätigte der Betreiber der Online-Plattform. Die hochgeladenen Fotos selbst konnten von dem in die Ermittlungen eingebundenen deutschen IT-Spezialisten nicht mehr sichergestellt werden.

Verschämt nimmt der Angeklagte die genauen Beschreibungen des Staatsanwalts zur Kenntnis und die kurze Vorlage exemplarischer Bilder am Richtertisch. Es wird deutlich, dass die Strafe nur ein Teil der Konsequenzen ist, die der Richter angesprochen hat. Vor allem für seine Familie muss es sehr schwer sein, mit den Verfehlungen des Ehemanns und Vaters klar zu kommen. Darauf deutet auch die vom Rechtsanwalt verlesene Stellungnahme hin. Ihm sei bewusst, dass so etwas "gar nicht geht" und dass auch seine damaligen gesundheitlichen Probleme und die berufliche Ungewissheit keine Rechtfertigung sein könnten. Er trage die Verantwortung, habe es versäumt, viel früher professionelle Hilfe zu suchen und könne sich auch bei seiner Familie nur entschuldigen. "Es war ein großer Fehler." Aber der lasse sich nun mal nicht mehr rückgängig machen. Niemals aber würde er selbst "Kinder anfassen", stellt der Angeklagte klar.

Das Urteil liegt zwischen den Anträgen von Verteidigung (15 Monate) und Staatsanwaltschaft (17 Monate). Auflage für die Bewährung ist der Abschluss der Therapie beim Münchner Informationszentrum für Männer (MIM).

© SZ vom 01.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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