Ortsgeschichte:Die Puchheimer Straßennamen

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Werner Dreher klärt in einem neuen Buch über Herkunft und Bedeutung der Benennungen auf

Von Peter Bierl, Puchheim

Welchen Ärger Straßennamen auslösen können, hat sich in Bruck gezeigt, wo der Stadtrat jahrelang über NS-belastete Patrone debattierte, die Mehrheit aber alle Schilder beließ und nur wenige mit Infotafeln ausstattete. Über die Straßennamen in der Stadt Puchheim hat der Journalist Werner Dreher nun ein sehr informatives, gelungenes, schön gemachtes und reich bebildertes Werk vorgelegt.

Dreher hat im Archiv der Kommune recherchiert. Bei manchen Namen konnte er auf die Arbeit der Historiker Ellen Echtler und Erich Hage zurückgreifen. Insgesamt gibt es 170 Straßennamen in Puchheim, 54 sind Personen gewidmet. Darunter sind nur zwei Frauen, die Malerin Gabriele Münter und Christine Zeiske, eine Ehrenbürgerin der Stadt, die für ihr Engagement gewürdigt wurde. So hatte Zeiske 1959 einen Arbeitskreis für den Aufbau einer evangelischen Gemeinde in Puchheim gegründet.

Unter den männlichen Straßenpatronen befindet sich der Lehrer und Gemeindeschreiber Johann Rawein (1868-1934), der 1924 wegen seiner Verdienste um die Schule zum Ehrenbürger ernannt wurde. Von 1900 bis 1932 fertigte Rawein die Protokolle des Gemeinderates an, in einer nicht immer leicht zu entziffernden Sütterlinschrift. Die Arbiostraße wiederum ist nach einem Bischof von Freising benannt, der wegen einer Kirchenweihe von anno 770 lange als Gründervater Puchheims galt. Nach dem heutigen Stand der Forschung wird diese Ehre dem Bischof Lantbert zugesprochen, weil in einer Urkunde aus seiner Amtszeit von "Puohheim" die Rede ist, die um 948 oder 957 zustande kam.

Die Lochhauser Straße in Puchheim wird im Mai 1933 zur „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt. Das Foto zeigt einem Umzug entweder im Jahr 1934 oder 1935. (Foto: Stadt Puchheim)

Beiläufig erklärt Dreher auch, was es mit der Fuchsberger-Siedlung auf sich hat, einem Wohngebiet auf Eichenauer und Puchheimer Gebiet, das 1963/64 entstand. Die inoffizielle Bezeichnung verweist auf den Schauspieler und Entertainer Joachim "Blacky" Fuchsberger, dessen Bauunternehmen Fuchsberger & Strobl OHG gleich mit dem ersten Projekt pleite ging, weil mehr als 100 ins Grundwasser gebaute Keller vollliefen.

Die Bäumlstraße erinnert an Josef Bäuml (1866-1939), dessen umfangreichen Grundbesitz die Nationalsozialisten seinen Erben wegnahmen. Rückgabeforderungen der Familie in der Nachkriegszeit blieben vergebens, weil die alten Nazis in der jungen Demokratie am längeren Hebel saßen. Gewürdigt wird Bürgermeister Klement Koch (1872-1952), der von den Nazis 1933 abgesetzt und von den Amerikanern 1945 wieder eingesetzt wurde.

Koch war es auch, der die Puchheimer Straßen entnazifizierte. Der Gemeinderat hatte am 12. Mai 1933 Hitler und drei weitere Nazi-Größen zu Ehrenbürgern ernannt, im Augst wurde der Platz am Kriegerdenkmal im Altdorf zum Adolf-Hitler-Platz, im November auch noch die Lochhauser Straße in Adolf-Hitler-Straße umbenannt, berichtet Dreher. Es folgte 1936 eine Hans-Schemm-Straße, dem Reichserziehungsminister gewidmet, der 1935 tödlich verunglückt war.

Die Aufnahme der Baustelle des Rathauses stammt aus dem Jahr 1965, zu sehen ist auch ein Opel Olympia. (Foto: Stadt Puchheim)

Dennoch gibt es einige problematische Straßennamen in Puchheim. Es sind die Schriftsteller Ludwig Ganghofer und Peter Rosegger, die sich im Ersten Weltkrieg mit nationalistischer Kriegshetze hervortaten und Ludwig Thoma, der verklärte Autor der Lausbubengeschichten, der sich nicht bloß als Kriegspropagandist verdingte, sondern als anonymer völkisch-antisemitischer Hassprediger betätigte.

Der Alois-Harbeck-Platz hieß anfangs Marktplatz, wie es der Bauherr gewünscht hatte, erst 1972 wurde die Fläche, eigentlich ein Innenhof, auf Vorschlag des Bürgermeisters umbenannt. Alois Harbeck (1889-1972) hatte die Hausmull-Gesellschaft 1932 oder 1933 erworben. In dem Buch fehlt leider der Hinweis, dass die Müllabfuhr-Firma Harbeck in München Zwangsarbeiter einsetzte. Der Brucker Wirtschaftshistoriker Klaus Wollenberg führt die Hausmüllverwertung KG in Puchheim mit 64 Zwangsarbeitern unter den größten Betrieben im Landkreis auf, deren Eigentümer durch diese Sklavenarbeit von dem deutschen Raub- und Eroberungskrieg profitierten.

Werner Dreher, Puchheimer Straßennamen von A bis Z. Herkunft und Bedeutung, Herausgeber Stadt Puchheim, 119 Seiten, 2021, 14,90 Euro

© SZ vom 04.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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