Germering:Fledermaus trifft Vogelhändler

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Sopranistin Gabriele Rösel besticht durch große persönliche und stimmliche Präsenz. (Foto: Günther Reger)

Das Orchester der Kammeroper Prag bringt die Operette zurück auf die raffiniert dekorierte Bühne der Stadthalle. Highlights sind die Liederklassiker, die an einem solchen Abend nicht fehlen dürfen.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Endlich hat an Silvester die Operette wieder ihren Stammplatz in der Germeringer Stadthalle, erneut mit einer Doppelveranstaltung. "Der Champagner hat's verschuldet" titelt der Veranstalter und verspricht zwei Stunden lang bekannte Operettenmelodien. Dann stimmt Tenor Alexander Klinger auch schon "Ich lade gern mir Gäste ein" als Ouvertüre an. Die "Fledermaus", kündigt der Solist des Wiener Thalia Theaters an, der auch für die Inszenierung verantwortlich ist, ziehe sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Sofort folgt auch "Komm mit mir zum Souper". Dass der Funke am Silvesternachmittag nur selten aufs Publikum überspringt, ist jedoch spürbar.

"Ich lade gern mir Gäste ein": Tenor Alexander Klinger bei der Ouvertüre des zweiten Teils. (Foto: Günther Reger)

Das Orchester der Kammeroper Prag unter Leitung von Norbert Braxa spielt diesmal auf der Bühne, und die sieht hübsch aus: Wände und angedeutete Durchgänge mit filigranen, scherenschnittartigen Torbögen leuchten immer wieder in neuen, eleganten Farbwechseln auf - mal in Grün und Violett, mal in Rosa- und Orangetönen. Links auf der Bühne ein rundes rotes Samtbänkchen mit Palmwedel, rechts ein türkisfarbenes Fauteuil, und an der Decke hängen zwei Kronleuchter - mehr Deko braucht es nicht, um Operettenflair aufkommen zu lassen. Unten im Saal bleiben einige Stühle leer - Schwund nach zwei Coronajahren. "An Silvester verstehe ich das nicht", sagt Tourneeveranstalter Klaus Tschernig von der Münchner Agentur Art and Artist. Für die zweite Vorstellung am Abend ist der Vorverkauf offenbar besser gelaufen.

Das orientierungslose Umherirren von Besuchern bei der Platzsuche scheint geradezu ein Symbol für die nachpandemische Zeit zu sein. Eine weitere Irritation: Programmhefte fürs Publikum gibt es nicht. Wer die "Fledermaus" nicht schon kennt - oder gar neu ist im Kreis der Operettenfans - weiß oft nicht, was da auf der Bühne geschieht, zumal die jeweilige Anmoderation ab der zehnten Reihe oft kaum verständlich ist. Dabei ist alles angerichtet, um sich an den unsterblichen Melodie-Schmankerln zu erfreuen. Ob "Fledermaus" oder "Vogelhändler", "Bettelstudent" oder "Gräfin Mariza" - kaum ein Operettenhit fehlt auf dem musikalischen Büffet. Die mehrjährig gebeutelten Bühnenkünstler kämpfen zeitweise mit der bekanntermaßen komplexen Akustik des Saals, tun aber ihr Bestes, ein Leuchtfeuer zu entfachen. Besonders die Sopranistin Gabriele Rösel besticht durch große persönliche und stimmliche Präsenz.

Der Champagner hat's verschuldet: das Orchester der Kammeroper Prag unter Leitung von Norbert Braxa. (Foto: Günther Reger)

Im zweiten Teil des Programms wird ein "Blick hinter die Kulissen" angekündigt. "Zwei alte Mimen" war ein Meisterstück von Helmut Qualtinger und Johann Sklenka. Aber wenn man sich daran wagt, dann sollte man den zwei in ihrer Garderobe eitel schwadronierenden Knattermimen schon etwas mehr zu tun geben, als sich viele Minuten lang ständig nur immer wieder neu "abzuschminken". Vor allem, wenn dabei auch noch der Eindruck entsteht, dass dabei ganze Textpassagen abgelesen werden. So geht es nämlich nicht zu "hinter den Kulissen".

Dann doch lieber weitere Operettenmelodien. "Mausi, süß warst du heut' Nacht" aus "Viktoria und ihr Husar" oder "Ja, das Studium, der Weiber ist schwer" aus "Die lustige Witwe" von Franz Lehár. Auch "Meine Lippen küssen so heiß" von Lehárs "Giuditta" lädt zum Mitsummen ein. Schön auch Klinger als betrunkener Hans Moser mit "Ich kann mein Schlüsselloch net finden".

Später wieder Melodien aus der Fledermaus, wie das "Uhrenduett" oder "Im Feuerstrom der Reben". Das dankbare vornehmlich ältere Publikum verabschiedet die sechs Sängerinnen und Sänger genauso wie das Orchester mit viel Applaus. Tourneeveranstalter Tschernig und auch die Stadthalle Germering hoffen auf bessere Tage. Er berichtet davon, dass er "zwei Klarinetten" im Orchester kurzfristig ersetzen musste, was schwierig gewesen sei. Auch in Tschechien hätten viele Musiker während der Coronazeit den Beruf gewechselt. Warum das Publikum immer noch wegbleibt, ist Tschernig wie vielen Kulturschaffenden ein Rätsel. "Haben sich die Menschen davon entwöhnt und meinen, das brauche ich nicht mehr?", fragt er. Und will es doch nicht glauben.

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