Olchinger Faschingszug:Verschwörung auf dem Grandl-Hof

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Nackte Tatsachen werden Michael Böck (li.) und Peter Hermann auf dem Wagen des Olchinger Motorsportclubs für den diesjährigen Faschingsumzug schaffen. (Foto: Günther Reger)

Der Motorsportclub bereitet sich im Verborgenen auf den 62. Olchinger Faschingszug vor. Sein diesjähriges Motto ist streng geheim, aber nicht immer lassen sich die Vorarbeiten in einer landwirtschaftlichen Halle vor den neugierigen Blicken der Passanten verbergen.

Von Julia Bergmann, Olching

Was da momentan auf dem Hof von Landwirt Ludwig Grandl vor sich geht, ist Geheimsache. Aber Informant Fredy Reindl lässt sich schließlich doch auf einen Deal ein. Er gewährt den Zutritt zum Treffpunkt unter der Auflage, dass nicht zu viele Einzelheiten über die Machenschaften auf dem Grandl-Hof öffentlich bekannt werden. In der großen Halle, zwischen allerlei landwirtschaftlichem Gerät, stapeln sich die Behälter. Darin enthalten - grellbunte, synthetische Flüssigkeiten. Dazwischen treiben sich vermummte Personen herum, unter ihnen sogar ein Adeliger: Seine Tollität Prinz Robert I.

Doch weit gefehlt, wer jetzt denkt, Landwirt Grandl und der Olchinger Prinz seien in zwielichtige Geschäfte verwickelt. Bei den synthetischen Stoffen in der Halle handelt es sich freilich nur um handelsübliche Acrylfarbe und Fredy Reindl ist streng genommen auch kein Informant. Er ist der Ansprechpartner für die Faschingsgruppe des Motorsportclubs Olching (MSC). Der Gruppe also, die momentan den Feinschliff am streng geheimen Faschingswagen vornimmt. Und was die Vermummung der Personen angeht - sie besteht aus Mütze und Schal. Notwendige Accessoires, denn während die Faschingsgilde und der Motorsportclub zeitgleich an ihren Faschingswagen werkeln, sind die aufgestellten Heizlüfter gegen die Kälte, die von außen in die Halle dringt, fast machtlos.

Gleich hinter dem Eingang zur riesigen Halle steht der bunte Wagen der Faschingsgilde. So kurz vorm Olchinger Faschingszug wird mit Hochdruck an ihm gearbeitet. "Die Vorbereitungen laufen super", bestätigt die Präsidentin der Gilde, Martina Klein. Bis zum Faschingsdienstag werden sie ihr Werk vollendet haben, da ist sie zuversichtlich. Nebenan, bereits weit fortgeschritten, steht der Wagen des MSC Olching. Darauf fehlen lediglich noch die berüchtigten und mehrfach preisgekrönten Figuren des Vereins. Und von der MSC-Faschingsgruppe fehlt ebenfalls jede Spur.

Dafür ist Grandl, der seine Halle gerne für die Vorbereitungen zur Verfügung stellt, sofort zur Stelle. "Kommen's mit", so der Landwirt mit einem verschwörerischen Lächeln. Leichten Schrittes führt er durch eine schwere Metalltür und zeigt auf die grauen Filzdecken, die den Zugang zum kleinen Raum abschirmen. "Bahnen Sie sich ihren Weg", sagt er und widmet sich wieder seiner Arbeit. Hinter den Decken stehen sie dann. Michael Böck und Peter Hermann, die Männer, die sich in der Faschingsgruppe des Vereins um die Gestaltung der Figuren kümmern. "Natürlich nicht alleine", wie die beiden betonen.

Die Faschingsgruppe des MSC besteht etwa aus acht bis zehn Personen. "Jeder ist für das zuständig, was er am besten kann", erklärt Hermann. Zu tun gibt es genug. Der Wagen muss bepinselt, die Figuren gebaut, Musik geschnitten und die Mechanik zum Laufen gebracht werden. Der Vorlauf für einen solchen Wagen kann mitunter Monate dauern. Die Recherchezeit und Konzeptphase dauert meist zwei Wochen. Dann geht es direkt an die Umsetzung.

Seit Mitte Januar stehen Böck und Herrmann jeden Freitag und Samstag in der Halle. Dieses Jahr hat sich die Faschingsgruppe des MSC Olching dafür entschieden, nackte Tatsachen zu schaffen. Das Thema ist streng vertraulich. Nur so viel darf gesagt werden: Der MSC legt Bereiche der Kommunalpolitik frei, die so bisher in der Öffentlichkeit noch nicht zu sehen waren. Erste Reaktionen auf ihre Arbeit gibt es bereits. "So ganz geheim halten kann man es ja gar nicht. Spätestens, wenn Besuch vorbei kommt, sehen sie dann doch etwas", sagt Hermann. Und die, die bisher da waren, können sich das Lachen angesichts der Figuren einfach nicht verkneifen.

Der MSC liegt bei seinen Vorbereitungen für den Faschingsdienstag noch gut in der Zeit. Und das, obwohl die Truppe sich kurzfristig für einen neues Thema entschieden hat. "Eigentlich wollten wir den Notstand in den Kindergärten thematisieren", sagt Böck. Doch dann, wie das Schicksal so spielt, mussten sie kurzfristig umdisponieren. "Da ist uns noch etwas besseres eingefallen." So ist das eben, wenn einen der Ehrgeiz gepackt hat. Schließlich gilt es für den Verein an den Erfolg aus dem vergangenen Jahr anzuknüpfen. Mit ihrem Motto "Baukönig Magg" konnte der MSC den Erstplatzierung in der Kategorie Faschingswagen einheimsen. Nicht die einzige Erstplatzierung in der Geschichte der MSC-Faschingsgruppe. Ihr Erfolgsrezept können sie gar nicht so einfach benennen. "Ich denke, es liegt an der guten Vorbereitung", sagt Böck und deutet auf einen hohen Blätterstapel mit Skizzen und Plänen zum Bau. Darunter auch die Pläne vom Vorjahr, von denen eine Karikatur des Bürgermeisters Andreas Magg hervorgrinst.

"Und natürlich liegt es auch an der Liebe zum Detail", fügt Hermann hinzu. "Jeder, der in der Gruppe dabei ist, ist ein Perfektionist", sagt Böck. Die Figuren aus Hasendraht und Pappmaschee, die im Hintergrund auf ihren Einsatz warten, zeugen davon, dass Böck die Wahrheit spricht. In der Gruppe seien vom Schlosser bis hin zum Maschinenbauer sämtliche Handwerksberufe vertreten. Da müsse man angesichts der komplexen Entwürfe schon manchmal um Mäßigung bitten. "Und dann gehört natürlich auch eine gewisse Verrücktheit dazu", sagt Böck.

Der Zusammenhalt der Gruppe und die Großzügigkeit von Landwirt Grandl tragen schließlich ihr übriges zum Erfolg der Gruppe bei. "Hier in der Halle können wir ungestört arbeiten, haben ausreichend Platz und die nötige Narrenfreiheit", betonen Böck und Herrmann. Auf den 62. Olchinger Faschingszug freuen sie sich schon. Und ganz zum Schluss outen sich die beiden dann doch. "Ich bin eigentlich ein Faschingsmuffel", sagt Böck. Die Sache mit dem Verkleiden, das sei einfach nicht sein Ding. "Aber die Vorbereitungen, das Bauen und die kreative Arbeit sind super", fügt er hinzu. Hermann geht es da ganz ähnlich. Als Faschingsfan würde er sich nicht bezeichnen. "Aber wenn man dann beim Faschingszug auf dem Wagen steht und die ganzen Gesichter sieht, das ist einfach eine wahnsinnige Atmosphäre", findet er.

© SZ vom 14.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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