Olching:Vom Schießstand an den Schreibtisch

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Herr über 470 000 Schützen ist der Olchinger Christian Kühn, seit er zum Landesschützenmeister, also zum Vorsitzenden des Bayerischen Sportschützenbundes, gewählt wurde. (Foto: Bayerischer Sportschützenbund/oh)

Christian Kühn ist seit einem Dreivierteljahr Chef der bayerischen Sportschützen. Vor allem die Umsetzung der neuen Feuerwaffenrichtlinie beschäftigt ihn

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Wie wird man Landesschützenmeister? Gut schießen zu können, wäre ein Kriterium, ist aber nicht die Bedingung gewesen, die Christian Kühn zum ersten Landesschützenmeister des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) gemacht hat. Erster Landesschützenmeister würde in anderen Sportverbänden "Präsident" bedeuten. "Ich bin nicht der allerbeste Sportschütze", räumt der Olchinger ein. Dafür hat er im BSSB-Vorstand schon elf Jahre mitgearbeitet. Zuletzt war Kühn Schatzmeister gewesen. Im Juni des vergangenen Jahres gab es dann Neuwahlen im BSSB und Kühn wurde zum ersten Landesschützenmeister gewählt. Kühn musste sich - ungewöhnlich in Sportverbänden - gegen einen Gegenkandidaten durchsetzen. Die Wahl gewann er dann mit 131 zu 84 Stimmen.

Der BSSB ist kein kleiner Verband. 470 000 Sportschützen organisiert er in Bayern in 4600 Vereinen. Der Bayerische Schützenbund ist ein völlig eigenständiger Verband, der auch nicht dem Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) als Mitgliedsverband angehört. Christian Kühn ist durch die Familie zum Schießsport gekommen. "Die Schwägerin gehört zur SG Edelweiß München-Solln", erläutert er, "da bin ich dann mit 18 Jahren mal mitgegangen". Es dauerte nicht lange, dann entdeckte er für sich "die Liebe zu diesem Sport", wie er sagt. Das Luftgewehr und die Luftpistole hatten es ihn angetan. Mit diesen Sportwaffen wird auf Scheiben in zehn Meter Entfernung geschossen. Da der gebürtige Münchner 2008 nach Eichenau zog, hat er auch dort einen Schießsportverein angehört - der SG Immergrün Eichenau.

Seit vorigem Jahr wohnt der BSSB-Chef in Olching. Auch heute versucht Kühn noch regelmäßig zum Schießen zu gehen. Seine Trefferqualitäten stuft er eher bescheiden ein. Doch erinnert er sich noch gut an seinen persönlichen sportlichen Höhepunkt, als er bei einem Rundenwettkampf mal 390 von 400 möglichen Ringen schaffte und damit gewann. Jetzt hat der 50-Jährige, der als Bilanzbuchhalter in einer Steuerberatungsgesellschaft arbeitet, in seiner ehrenamtlichen Funktion genügend Organisatorisches und Planerisches zu tun.

Vor allem die Änderung des Waffenrechts durch die EU - die neue Feuerwaffenrichtlinie - beschäftigt ihn. 2019 wurde das neue Waffenrecht dann auch vom Bundestag und Bundesrat in Kraft gesetzt. "Die Umsetzung in unseren Vereinen kostet enorme Kraft und die Umsetzung mit den Landratsämtern steht noch aus", sagt Kühn. "Das neue Recht ist eine Verschärfung für die Sportschützen." Hintergrund sind Amokläufe, an denen auch Täter dabei waren, die Zugang zu Sportwaffen hatten. Die Sportschützen müssen jetzt alle weiterhin einen sogenannten Schießnachweis führen, aber der wurde jetzt noch verschärft. Dieser Schießnachweis gilt nicht für Luftdruckwaffen, also nicht für Luftgewehr und Luftpistole, sondern für Kleinkaliberwaffen oder Sportpistole. "Das sind eintragungspflichtige Waffen", erklärt Kühn. Der Schütze muss jetzt mindestens einmal pro Quartal oder sechsmal im Jahr im Verein erscheinen und schießen. Das wird vom Verein dann abgezeichnet. Das zuständige Landratsamt hat jederzeit das Recht, die Schießnachweise zu kontrollieren. Kommt der Schütze dem regelmäßigen Schießen nicht nach, kann ihm nach einer Kontrolle die Waffe abgenommen werden.

Das allen 4600 Vereinen klar zu machen, ist für Kühn und seinen 14-köpfigen Landesvorstand ein erheblicher Aufwand. Neben dem ersten Landeschützenmeister als Vorsitzender des Gremiums gibt es fünf weitere Landesschützenmeister, die ebenfalls nach Ziffern vor ihrem Titel aufgereiht sind. Die Geschäftsstelle des BSSB ist in Garching-Hochbrück, gleich neben der Olympia-Schießanlage von 1972. "Das ist die größte zivile Schießsportanlage weltweit", betont Kühn nicht ohne Stolz. Ständig finden dort nationale und internationale Meisterschaften statt. Die bayerischen Schützen sind häufig vorne dabei. "Die Männer gewinnen Medaillen, und besonders unsere Frauen trumpfen regelmäßig bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen auf", so der BSSB-Chef. Trotzdem ist die Nachwuchssituation in den Vereinen schwierig. Nicht sehr viele Kinder und Jugendliche heuern in dieser Randsportart an.

Unter der Regie von Christian Kühn, der für vier Jahre gewählt ist, will der BSSB seinen sozialen Anspruch noch ausbauen. "Bei einem Besuch Germerings bin ich auf den Informationsstand des Hospizvereins gestoßen", erzählt Kühn. Man habe dann beschlossen, den Versand von Weihnachtskarten einzustellen und dafür 1000 Euro an den Germeringer Hospizverein zu spenden. "Die soziale Komponente liegt den bayerischen Sportschützen sehr am Herzen", bekräftigt Kühn. Eine Wiederholung der Weihnachtsaktion soll stattfinden.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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