Olching:Vereinsausschluss nach 49 Jahren

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Rosi und Andreas Wenger sind große Vogelliebhaber und haben sich 25 Jahre im Vogelpark Olching engagiert. Ein Leserbrief vor eineinhalb Jahren war die Ursache für den Rauswurf. (Foto: Günther Reger)

Der Eichenauer Andreas Wenger war Gründungsmitglied und Ehrenvorsitzender des Vogelliebhabervereins. Mit einem Leserbrief soll er dem Verein im November 2015 massiv geschadet haben und wurde deshalb im vergangenen März einstimmig ausgeschlossen

Von Julia Bergmann, Olching

50 Jahre Mitgliedschaft im Vogelliebhaberverein Olching und Umgebung hätte Andreas Wenger vor Kurzem feiern können, wenn er nicht in der Mitgliederversammlung im März einstimmig aus dem Verein ausgeschlossen worden wäre. Für Wenger unfassbar - eine riesige Enttäuschung - war er doch Mitgründer und Ehrenmitglied und vom ersten Tag an jede freie Minute am Bau ihres Vogelparks beteiligt. Für den früheren Vorsitzenden Dieter Ernst hingegen war der Ausschluss Wengers die einzig logische Konsequenz. Immerhin habe Wenger mit einem Leserbrief im November 2015 dem Verein massiven Schaden zugefügt. Und Vereinsschädigung, so der Jurist, sei ein triftiger und legitimer Grund für einen Vereinsausschluss.

Geschrieben hatte Wenger in dem Leserbrief unter anderem: "Herr Dr. Ernst täte gut daran, seine Zeit und die Mittel des Vereins nicht für aussichtslose Klagen zu verwenden." Und: "Ich würde Dr. Ernst raten, nicht als Napoleon des Vogelparks aufzutreten." Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte sich der Streit zwischen Landratsamt und Vogelliebhaberverein um unterschiedliche tierschutzrechtliche Angelegenheiten bereits zugespitzt. Es gab mehrere Gerichtsverhandlungen, die über die Rechtmäßigkeit von Auflagen des Veterinärsamts entscheiden sollten.

Ernst ärgert sich nun weniger über den Vergleich mit Napoleon, als vielmehr über den Vorwurf, die Mittel des Vereins in unangemessener Weise verwendet zu haben. In Wengers Worten sieht Ernst sogar den latenten Vorwurf der Untreue. Und das, so Ernst, erfülle den Tatbestand der Beleidigung.

Wenger hingegen sagt, er habe in dem Brief lediglich seine kritische Meinung geäußert. "Wenn man das nicht einmal mehr darf...", wundert er sich. Schleierhaft ist dem 79-jährigen Eichenauer auch, warum sich der Verein für seinen Ausschluss rund eineinhalb Jahre Zeit gelassen hat. Immerhin ist es so lange her, dass der Leserbrief erschienen ist.

Dazu erklärt Ernst, dass es nur einmal jährlich eine Mitgliederversammlung gebe und dass im vergangenen Jahr andere Themen dringender gewesen seien. Der Streit mit dem Veterinäramt hatte sich damals etwa auf seinem Höhepunkt befunden. Es sei auch um das Fortbestehen der Vogelliebhaber gegangen. Zu Wengers Worten sagt Ernst, sie seien ein "Genickschlag zum damaligen Zeitpunkt" gewesen. In der ohnehin schon angespannten Situation habe der Brief dafür gesorgt, dass nach außen der Eindruck entstanden sei, es habe im Verein zwei Lager gegeben. Zudem, betont Ernst, dass sich Wenger selten im Vogelpark habe blicken lassen, er sei nicht besonders aktiv im Verein gewesen. Für die vergangenen Jahre räumt das Wenger auch ein. "Aber muss ich mich denn mit 80 Jahren noch körperlich betätigen?", fragt er. "Ich habe meinen Beitrag geleistet." Nicht nur er, sondern auch seine Frau und seine Kinder hätten in den ersten Jahrzehnten jede freie Minute im Vogelpark verbracht, mitgeholfen, etwa das Ferienprogramm mitgestaltet. Insgesamt 20 Jahre lang hatte Wenger verschiedene Ämter im Vorstand inne, war von 1982 bis 1986 Erster Vorsitzender. In den Verein wolle er jetzt aber nicht mehr zurück. "Ich hätte Interesse gehabt, wenn sie sich entschuldigt hätten, wenn sie gesagt hätten, dass sie mit dem Ausschluss überreagiert haben", sagt er. "Jetzt wenn ich rausgehe, würden die Leute doch tuscheln." Eine Entschuldigung hätte sich auch Ernst gewünscht. Immerhin habe man ja mittlerweile die anhängigen Gerichtsverfahren gewonnen.

"Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht", sagt Ernst zum Ausschluss. Er sagt auch, dass Wenger die Gelegenheit gehabt hätte, sich schriftlich oder persönlich vor der Mitgliederversammlung zu äußern. Eine Möglichkeit, von der Wenger bewusst keinen Gebrauch gemacht hat. "Dort kennt mich doch keiner mehr", sagt er. Er glaubt auch nicht, dass der Verein dann anders entschieden hätte. Zumal der 79-Jährige seine Worte nicht bereut. "Wir leben in einem freien Land", sagt er. Mit seiner Kritik habe er lediglich sagen wollen, dass man sich mit dem Landratsamt hätte arrangieren müssen. Mit Wengers Ansicht konfrontiert, antwortet Ernst: "Freie Meinungsäußerung hört da auf, wo sie die rechte anderer tangiert."

Wenger meint auch, Auflagen habe der Verein schon immer erfüllen müssen, nur habe man sich früher eben an einen Tisch gesetzt und Streit nicht gleich juristisch ausgefochten. Karin Wagner, die zweite Vorsitzende des Vereins und Helmut Wagner, Kassier, meinen, dass sich mittlerweile aber die Verhältnisse, sowohl personell, als auch was die Ausstattung und Aufgaben des Parks angehen, geändert haben. Für Karin und Helmut Wagner ist die Angelegenheit aber nun erledigt. Auch für Ernst, der den Vorsitz im März an Manfred Kuchenbaur abgegeben hat. Der Ausschluss sei legitim gewesen und letztendlich auch das "mildere Mittel". Immerhin habe man zuvor auch überlegt, Strafanzeige gegen Wenger zu erstatten. Den juristischen Weg zu beschreiten, stünde indes auch Wenger zu, wenn er meine, der Ausschluss sei nicht rechtens, sagt Ernst. Aber auch für Wenger, sei die Sache abgeschlossen. Obwohl der Ärger wohl noch bleibt.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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