SZ-Serie "Was Olching bewegt" (Folge 8):Ungehörte Anregungen

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"Die Wahrnehmung des Beirates beim Stadtrat ist nicht da", klagt Michael Kircher. Der Vorsitzende des Olchinger Behindertenbeirates ist deshalb Gast gewesen beim SZ-Aktions- und Dialogtag. (Foto: Johannes Simon)

Der Vorsitzende des Olchinger Behindertenbeirates fordert vom Stadtrat, mehr akzeptiert und besser eingebunden zu werden

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Michael Kircher ist Vorsitzender des Olchinger Behindertenbeirates und müht sich damit ab, die Interessen der Behinderten und auch älteren Menschen, die selbst keinen Beirat haben, zur Geltung zu bringen. Das ist nicht immer leicht, häufig muss Kircher mit frustrierenden Erlebnissen kämpfen. "Die Wahrnehmung des Beirates beim Stadtrat ist nicht da", beschwert sich Kircher und nutzt die SZ-Dialog-Reihe "Was Olching bewegt". Zu Stellungnahmen zu Projekten wird der Behindertenbeirat nicht aufgefordert. Bei Kircher verankert sich da schnell der Gedanke, dass Nichtfachleute meinten, es besser zu wissen, was für behinderte Menschen gut sei.

Kircher hatte gehofft, dass bei der Planung der Paulusgrube, des städtischen Areals gegenüber dem Olchinger S-Bahnhof, als Wohngebiet mit Einzelhandel und einem städtischen Gebäude, der Beirat miteinbezogen wird. "Da geht nichts", bedauert er, "niemand kommt auf mich zu". Er nimmt für den Behindertenbeirat in Anspruch, am Besten beurteilen zu können, wie die Barrierefreiheit in dem zukünftigen Geschäfts- und Wohnviertel auszusehen hat. "Barrierefreiheit ist heute eine normale Anforderung, das gilt natürlich auch für die Paulusgrube", antwortet Bürgermeister Andreas Magg (SPD) auf die Kritik Kirchers. Magg weiter: "Gesetzlich-technisch vorgegebene Regelungen wie beispielsweise Rampenneigungen werden selbstverständlich berücksichtigt."

Wie Magg den Beirat sieht, sagt er auch: "Wie jeder Interessierte auch, ist Herr Kircher herzlich eingeladen, sich an den Planungen zu beteiligen, beispielsweise bei der kommenden Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 1. Februar 2018. Wir sind jederzeit für Anregungen aller Art offen und berücksichtigen diese gerne gegebenenfalls in unseren Planungen." Im Übrigen ist man laut Magg in Sachen Paulusgrube noch in der Vorentwurfphase. Für Details sei es noch zu früh. "Gerne werden wir den Beirat zu einem späteren Zeitpunkt einbinden", verspricht der Bürgermeister.

Kircher möchte als Vorsitzender des Beirates verständlicherweise nicht wie Jedermann oder als Einzelperson behandelt werden. Das widerstrebt ihm seit Jahren. Ob es der behindertengerechte Einstieg in den Olchinger See oder verkehrliche Maßnahmen sind, immer müsse er über die Medien gehen, um etwas zu erreichen. So beobachtet er am S-Bahnhof regelmäßig, dass Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten der Ausstieg aus dem Bus schwer falle. "Der Gehsteig ist dort um etwa 20 Zentimeter zu niedrig, so dass der Aus- und Einstieg kaum zu schaffen ist." Er regt auch an, die Bushaltestelle am Sozialzentrum und Gymnasium zu überdachen. Das würde das Warten erleichtern. An der dortigen Wendeschleife der Busse fehle es an der Beleuchtung. "Die Menschen dort stehen im Dunkeln", beklagt Kircher. Besonders im Herbst und Winter wäre das nicht sehr komfortabel. Das wisse die Stadt, aber es passiere nichts oder nicht viel.

Er lobt durchaus die gute Versorgung mit Kindereinrichtungen in Olching. "Es ist aber auch an der Zeit, dass die Einrichtungen als inklusive Kindergärten betrieben werden", sagt der Vorsitzende des Behindertenbeirates. Er räumt zwar ein, dass es einzelne integrative Gruppen in den Kindergärten gebe, aber eine Trennung immer noch bestehen würde. "Die Inklusion sollte im gesamten Kindergarten umgesetzt werden", so seine Forderung. Er will raus aus der Rolle des Bittstellers, der im Stadtrat kein Antragsrecht hat. Er konzediert der Stadt, dass diese durchaus hier und da mal an Behinderte denkt. So soll es eine barrierefreie Toilette am Nöscherplatz demnächst geben. Aber barrierefrei ist nicht immer ganz barrierefrei.

Wie die baulich konkret auszusehen hat, darüber würde der Beirat gerne mit der Stadt reden. Mit dem Angebot des Bürgermeisters, er könne ein Mängelformular auf der Internetseite der Stadt ausfüllen, wollen sich Kircher und seine Mitstreiter im Beirat allerdings nicht abspeisen lassen. Sie möchten vielmehr grundsätzliche Fragen mit der Stadt verhandeln. "Stadtrat und Bürgermeister können auch mal auf den Beirat zugehen und nicht immer umgekehrt", so die sehr klare Forderung Kirchers.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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