Olching:Schwierige Beweisaufnahme

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29-Jähriger soll seine Frau getreten haben. Im Prozess leugnen beide

Als Richter ein gerechtes Urteil zu fällen, ist sicherlich nicht immer ganz leicht. Besonders in Fällen, in denen das Interesse der Beteiligten an der Wahrheitsfindung nicht sonderlich groß ist. Ein Klassiker sind Verfahren wegen Körperverletzung in einer Beziehung, meist in der Variante Mann schlägt Frau. In einem nun vor dem Amtsgericht verhandelten Fall soll ein 29 Jahre alter Gröbenzeller seine Frau, 28, an ihren langen schwarzen Haaren aus dem geparkten Auto gezerrt, auf den Boden geschmissen und einmal ins Gesicht und einmal in den Bauch getreten haben. Das Paar reagierte in der Verhandlung wie so oft: Beide leugneten die Tat. Ungewöhnlich ist jedoch, dass es eine Zeugin gibt, die alles gesehen hat, wie sie gegenüber der Polizei berichtete. Da sie aber zu der Verhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung bereits zum zweiten Mal nicht kam, verhängte der Richter 300 Euro Ordnungsgeld. Das Verfahren setzte er erneut aus.

An einem Abend im Mai, gegen 20 Uhr, war es in Olching zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und seiner Frau gekommen, den die beiden auch einräumten. Den Vorwürfen aus der Anklageschrift, die auf der bei der Polizei gemachten Aussage der fehlenden Zeugin beruht, widersprach das junge Paar hingegen mit einer haarsträubenden Geschichte - wie so oft bei dieser Konstellation. Die Anklage warf dem 29-jährigen Facharbeiter vor, seiner Frau ein blaues Auge geschlagen und zwei Finger gebrochen zu haben.

"Ich möchte unterstreichen, dass mein Mann nicht angefangen hat, sondern ich", erklärte die 28-Jährige. Mit der Behauptung stützte sie die Einlassung ihres Mannes, die dieser zuvor gemacht hatte. Nach der Darstellung der Eheleute hatte also die Frau, während sie das Auto lenkte, den Streit begonnen und ihren Mann mit Schlägen traktiert. Bis der anfing, ein, zwei Mal zurückzuschlagen, und ihr dabei das Veilchen verpasste. Die Frau hielt, ließ ihn aussteigen und versperrte den Wagen von innen. So dass ihr Mann, der noch seine Sachen haben wollte, an der Fahrerseite gegen das Fenster klopfte. "Und dann ist das Fenster gebrochen", berichtete die 28-Jährige lapidar.

Richter Johann Steigmayer, bis dahin schon etwas misstrauisch wegen einiger Unstimmigkeiten, konnte nicht glauben, dass eine Autoscheibe von einem bloßen Klopfen brechen kann. "Es war ein altes Auto", erklärte die Frau mit einem Schulterzucken. Was sie "hundertprozentig" wisse: Ihr Mann habe sie nicht getreten, und ob er sie an den Haaren gezogen habe, erinnere sie nicht mehr.

"Ich habe den Eindruck, dass Sie lügen, weil Sie Ihren Mann schützen wollen", sagte der Richter. Und erklärte, dass ihr ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage drohe. Er hielt ihr die Aussage der Zeugin vor. Sie schilderte nicht nur die Tritte und das Ziehen an den Haaren. Sie gab auch an, dass der Angeklagte gefahren war. Und dass er ihr schließlich seinen blanken Hintern gezeigt hatte. Letzteres leugnete der Angeklagte vehement. Mit mehr als zwei Promille Alkohol im Blut an jenem Abend mag ihm dieses belanglose Detail einfach entfallen sein.

Die Staatsanwältin fragte die 28-Jährige, wieso sie sich im Auto eingesperrt habe, wenn sie doch den Streit angefangen habe. Die druckste herum, zuckte die Schultern. Nachdem ihr die Frage ein drittes Mal gestellt wurde, erklärte die 28-Jährige etwas schnippisch: "So bin ich eben." Die Finger habe sie sich beim Schlag auf das Armaturenbrett gebrochen, beantwortet sie eine weitere Frage der Anklägerin. Und machte sich damit noch ein bisschen unglaubwürdiger: Denn die Staatsanwältin konnte nicht nachvollziehen, dass sie sich daran noch ganz genau erinnern könne, an das Geschehen außerhalb des Autos aber überhaupt nicht mehr. An dieser Stelle beschloss der Vorsitzende, das Verfahren erneut auszusetzen. Beim nächsten Termin wird neben der fehlenden Zeugin auch deren Arzt als Zeuge vernommen.

© SZ vom 11.10.2016 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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