Olching:Rentenkasse fordert Geld vom SV Esting

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So idyllisch die Halle des SV Esting auch wirken mag, hinter den Mauern brodelt es. Die Forderung zur Nachzahlung trifft den Verein hart. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Sozialversicherung erhebt Anspruch auf 150 000 Euro an Beiträgen für die Übungsleiter. Dagegen legt der Sportverein Widerspruch ein und will notfalls auch vor Gericht ziehen

Von Julia Bergmann, Olching

Nach dem ersten Schock sind die schlaflosen Nächte für Manfred Kistler vorbei. Jetzt will der Vorsitzende des SV Esting vor allem eines tun: für seinen Verein kämpfen. Notfalls auch vor Gericht, wie er bei einem Pressegespräch ankündigt. Vor wenigen Wochen erreichte ihn ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung. Rückwirkend soll der Verein nach der jüngsten Betriebsprüfung etwa 150 000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen. Völlig zu unrecht, wie nicht nur Kistler, sondern auch Tomas Bauer, Verwaltungsjurist und Sportreferent der Stadt Olching, meinen. Es sei schon mehr als erstaunlich, dass die Deutsche Rentenversicherung einige der beim Verein tätigen Übungsleiter plötzlich als Arbeitnehmer einstufe, obwohl diese bei vergangenen Betriebsprüfungen als selbständig betrachtet wurden. "Seitdem hat sich weder der Sachverhalt noch die Rechtslage geändert", sagt Bauer. Und selbst wenn man zu einer anderen rechtlichen Bewertung komme, sei das, was gerade passiere, "für einen Rechtsstaat und einen Verein, der sich rechtsstaatlich verhält, unerträglich". Deshalb hat der Verein bereits Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt.

Noch 2010 sei dem SV Esting bestätigt worden, dass mit der gängigen Abrechnungspraxis alles in Ordnung sei. Folglich habe man für die selbständigen Übungsleiter auch weiterhin keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Genau hier sieht Bauer die große Ungerechtigkeit. "Der Verein wurde in eine Falle gelockt. Das ist eines Rechtsstaates nicht würdig", befindet er. Wäre die Rentenversicherung bereits 2010 zu dem jetzigen Ergebnis gekommen, hätte man beim SV Esting schon frühzeitig darauf reagieren können. Man hätte also Mitgliedsbeiträge erhöhen, Angebote umstrukturieren und insgesamt anders wirtschaften können. Weil das nicht der Fall war, ist dem Verein ein großer Schaden entstanden. Eine Argumentation, die nicht ganz ohne ist. Denn sollte der aktuelle Bescheid der Rentenversicherung tatsächlich gültig sein, könnte der SV Esting nach der Auffassung Bauers Schadenersatz fordern. "Die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd ist den beschäftigten und Arbeitgebern verpflichtet, auf eine richtige Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge hinzuwirken und dazu rechtmäßige Prüfbescheide zu erlassen", argumentiert er.

Je nachdem, wie das Widerspruchsverfahren ausgeht, entscheidet sich, ob der SV Esting tatsächlich vor Gericht ziehen wird. Für den BLSV-Kreisvorsitzenden Steffen Enzmann komme die ganze Angelegenheit nicht überraschend. Im Verbandsorgan "Bayernsport" sei bereits darüber geredet worden, dass etwas in diese Richtung passieren könnte. Eine konkrete Aussage habe es vom BLSV aber nicht gegeben, kritisiert Hermann Glas, der Geschäftsführer des SV Esting. Unabhängig davon sei der Verein bereit, den geforderten Betrag nachzuzahlen, betont er. Die Rücklagen, die über die vergangenen Jahre gesammelt wurden, können einen Großteil der Forderungen decken. Einsparungen aber werden unumgänglich sein. So kündigt Glas an, dass der Kauf neuer Geräte in naher Zukunft nicht möglich sei und dass die Sanierung der Sommerstockbahn auf Eis gelegt werden müsse. Auch an der Optimierung von Übungsleiterstunden müsse gearbeitet werden.

Enzmann indes sieht die Problematik auf breiterer Ebene. Was dem SV Esting passiert, könnte in Zukunft auch anderen Vereinen drohen. Das könnte verheerende Folgen haben. So mancher Verein werde sich überlegen müssen, soziale Angebote zu streichen, sagt Enzmann. "Ich könnte mir vielleicht bei drei Vereinen im Landkreis vorstellen, dass sie solche Rückzahlungen stemmen könnten", meint er. Forderung wie diese seien für die meisten Vereine existenzbedrohend. Angesichts der Lage zeigt sich auch Andrea Aichinger, Beisitzerin im Vorstands des FC Puchheim, besorgt. Bei dem Gespräch sagt sie: "Mir graut schon jetzt vor der nächsten Prüfung." Ihr Appell an die Vertreter anderer Vereine und den Landessportverband: "Wir müssen jetzt Druck machen, um etwas zu verändern."

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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