Olching:Plädoyer für den Ganztagsunterricht

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"Schule muss mehr Zeit zum Lernen geben", forderte der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll aus Dachau in seiner Rede in Olching. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Martin Güll, Bildungsexperte der SPD-Landtagsfraktion, diskutiert mit Eltern und Lehrkräften in Olching über das Schulsystem in Bayern und längere Betreuungszeiten

Von Katharina Knaut, Olching

"Wie sind wir in Bayern unterwegs? Sind wir auf der richtigen Spur?" Diese Fragen warf Martin Güll, Landtagsabgeordneter der SPD am Montag bei der Veranstaltung "Zukunft der Schule in Bayern und Olching" auf. Rund 25 Pädagogen, Eltern und Politiker hatten sich versammelt, um sich beim Vortrag des ehemaligen Schulleiters und Lehrers über die momentane Situation und die Probleme des Bildungswesens zu informieren, darüber zu diskutieren und Wünsche zu äußern. Ebenfalls anwesend war Olchings Bürgermeister Andreas Magg, der sich zum Stand der Schulen in Olching äußerte.

Vor allem das Thema Ganztagsschule in Grundschulen bestritt den Großteil des Abends. An den drei Grundschulen in Olching, der Martinsschule und den Schulen in Esting und Graßlfing, werden jeweils nur Mittagsbetreuung und Hort angeboten, jedoch kein Ganztagsunterricht. Der Bedarf einer längeren Betreuung ist jedoch gestiegen. "Die Sorge unter den Eltern ist groß," erklärte eine Mutter, deren Kind die Grundschule Graßlfing besucht. Dritt- und Viertklässler haben ihrer Ansicht nach kaum noch eine Chance einen der Plätze zu erhalten. Tatsächlich warteten insgesamt 84 Kinder, die diese Schule besuchen, derzeit auf einen Platz, erläuterte Magg. Aufgrund der steigenden Nachfrage sei die Einführung eines Ganztageskonzepts in einer Grundschule schon länger ein Thema für die Stadt.

Allerdings ist noch unklar, wann an einer der drei Grundschulen ein Ganztagskonzept eingeführt werden kann, sofern die Eltern zustimmen. Für diese Änderung sei viel Planung von Nöten. Beispielsweise müsse noch die am besten geeignete Schule gefunden werden. Außerdem ist die große Frage: Entwickelt man ein offenes Ganztageskonzept, in dem die Kinder am Nachmittag nur betreut werden und in dem die Eltern bestimmte Tage auswählen können, an denen sie ihr Kind in die Betreuung geben, oder richtet man ein gebundenes Konzept ein, in dem die Kinder am Nachmittag tatsächlich noch Unterricht haben?

An dieser Frage schieden sich die Geister. Martin Güll argumentierte entschlossen für ein gebundenes Ganztageskonzept. "Schule muss mehr Zeit zum Lernen geben", sagte er. Das sei der einzig richtige Weg, um den Auftrag, Kinder zur bestmöglichen Blüte zu führen, zu erfüllen. Auch die anwesenden Lehrer äußerten sich positiv zu einem Ganztagsunterricht. Es würde die Klassen entzerren und sei besser für die Pädagogik. Cathrin Theis, Schulleiterin der Grundschule Graßlfing, zeigte sich jedoch skeptisch. Ihrer Meinung nach benötigen die Eltern Flexibilität. Hinzu komme die Frage der Finanzierung, da die entsprechenden Fördermittel in diese Richtung sehr knapp bemessen seien. Auch die Eltern waren sich über die Ganztagsschule uneins. Letztlich müsse jede Familie für sich entscheiden, meint eine Mutter. Man müsse sich die Frage stellen: "Was möchte ich für mein Kind?"

Güll thematisierte darüber hinaus die seiner Meinung nach große Chancenungleichheit im Schulsystem. Die Trennung in Mittelschule, Realschule und Gymnasium ist seiner Meinung nach nicht förderlich für eine bestmögliche Bildung für jedes Kind. Vor allem die Mittelschule sei ein Auffangbecken für all diejenigen, die nicht in das Konzept der Realschule oder des Gymnasiums passen. Das Schulsystem sei außerdem auch besser für Mädchen geeignet als für Buben. Mädchen falle das Lernen sehr viel einfacher, die Buben blieben in dieser Hinsicht zurück. Auch für Schüler mit Migrationshintergrund oder einer Behinderung sei das System denkbar ungeeignet, erklärte Güll. Besonders in dieser Hinsicht müsse das Schulsystem sich weiterentwickeln. "Da liegt noch ganz viel im Argen."

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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