Olching:Mooshäusl oder Schloss

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Der Olchinger Ortsteil Graßlfing liegt im Moos. Das macht so manches wie das Bauen schwierig. (Foto: Günther Reger)

Graßlfinger Bürger und Olchinger Stadtverwaltung diskutieren hitzig darüber, wie man im Außenbereich bauen darf

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Etwa 700 Einwohner hat der Olchinger Ortsteil Graßlfing. Sie wohnen verstreut auf einem riesigen Areal, viele Familien leben seit Generationen dort. Die Graßlfinger gelten als widerspenstig und scheuen keineswegs davor zurück, den Stadtoberen unverblümt ihre Meinung zu sagen. Jetzt fand sich eine Hundertschaft von Graßlfingern im örtlichen Gasthaus "Zum Haderecker" ein, um sich auf Einladung der örtlichen Interessengemeinschaft (IGG) von der Olchinger Bauverwaltung über das Dauerthema "Bauen im Moos" informieren zu lassen. Auch dabei schlugen die Wellen der Empörung bei den Widerspenstigen phasenweise hoch.

"Wir wollen kein kleines Mooshäuschen", empörte sich Georg Sirtl, als die stellvertretende Bauamtsleiterin Stephanie Kulosa eine Hausskizze zeigte, die nur aus einem Erdgeschoss mit Dach drüber bestand. "Das ist schade um den Grund", fuhr Sirtl fort. Kulosa wollte mit ihrer Skizze beispielhaft zeigen, wie schlichtes Wohnen im Außenbereich aussehen könnte, damit das Landratsamt als Genehmigungsinstanz samt Unterer Naturschutzbehörde mit einem Graßlfinger Bauantrag einverstanden sein kann. Bisher wurden dort Bauanträge, die eine Erweiterung oder einen Umbau vorsahen, regelmäßig abgelehnt, weil sie nicht den Vorgaben des Baugesetzbuches entsprachen, das Bauen im Außenbereich regelt. "Wir wollen ein gescheites Haus", forderte Sirtl nachdrücklich. "Wir wollen keine Flüchtlingshäusl wie in den Fünfzigerjahren" entfuhr es einem älteren Graßlfinger. Zu einem richtigen Haus gehörten auch ein erstes Stockwerk und ein Dach, das ausgebaut werden könne. "Wir wollen Dachgauben", rief Sirtl in den vollbesetzten Saal. Die Besucher spendeten ihm begeistert Beifall.

"Ein großes Schloss wird nicht möglich sein", hielt Kulosa tapfer dagegen. Das gefiel Roswitha Rohm gar nicht, schon gar nicht die von Kulosa gezeigte Dachneigung von 45 Grad für zukünftige Häuser. "Da kann man nicht stehen", meinte Rohm empört. "Wir haben einen funktionierenden Generationenvertrag, die Alten sind für die Jungen da. Da kann man nicht klein bauen." Bauamtschef Markus Brunnhuber versuchte die Wogen zu glätten. "Es gibt in Graßlfing ein Landschaftsschutzgebiet. Daran kann man nicht rütteln." Im neuen Flächennutzungsplan werde das Areal jetzt als Kulturlandschaft gefasst. Dafür müsse man "Spiel- und Gestaltungsregeln finden", damit Bauanträge beim Landratsamt den rechtlichen Anforderungen genügten, so Brunnhuber. Zusammen mit dem Betroffenen würde man gerne eine Fibel mit Vorgaben zu erarbeiten, die dem jahrhundertelangen Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten Rechnung trage und bei der Baubehörde Akzeptanz finde. "Ein Patentrezept gibt es jedoch nicht", bekräftigte Brunnhuber. Allgemeines Baurecht, also einen Bebauungsplan, könne es im Außenbereich nicht geben, weil der vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht zum Wohnen gedacht sei.

Daraufhin beruhigte sich die angespannte Stimmung im Saal etwas. Dieter Kornblum bat noch darum, dass der Familienbezug, der beim Bauen im Außenbereich eine wichtige Rolle spielt, nicht zu eng gefasst werde, weil es wie in seinem Fall Familien gebe, die keine Kinder hätten, aber einen Hofnachfolger suchten. Stadtrat Alois Waltl (FW) aus Graßlfing plädierte dafür, dass der Stadtrat bei der Erarbeitung der Fibel die Landschaftsschutzverordnung aufhebe. Ehe IGG-Vorsitzender Michael Neumeier die hitzige Debatte schloss, gab Roswitha Rohm der Verwaltung mit auf dem Weg, dass die Graßlfinger zwar weder Straßenlaternen noch Busverbindung hätten, aber keine Hinterwäldler seien: "Wir sind moderne Menschen."

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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