Olching:Leberkäs an Frijoles con Arroz

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Lederhosenmann Leo Meixner (Dritter von links) hat den Ableger der Cuba-Boarischenden "Cubavaria" getauft. Neu mit an Bord ist die Sängerin und Gitarristin Yinet Rojas Cardona, geblieben ist Trompeter Marinus Wagner (Zweiter von rechts). (Foto: Günther Reger)

Leo Meixners Cubavaria ist ein Ableger der Cuba-Boarischen. In Olching verquirlt die verjüngte und um Latina-Sängerin Yinet Rojas Cardona ergänzte Combo vor 400 Zuschauern in virtuoser Weise Polka und Salsa sowie Bairisch und Spanisch

Von Stefan Salger, Olching

Der Samstagabend endet vorhersehbar. Und mag die Location auch akustische Schwachstellen aufweisen, so ist sie für den abendlichen Sport doch prädestiniert. Am Ende sitzt niemand mehr auf den Bierbänken. Die Hälfte steht, die andere Hälfte tanzt irgendwo in den Ecken und Enden der Mehrzweckhalle. Lateinamerikanischer Hüftschwung und Salsadrehung meets Dirndldrahn und Schuhplattln. Der Auftritt der Cuba-Boarischen 2.0 alias Cubavaria hat verhalten begonnen und endet doch furios und atemlos.

Man hätte es wissen müssen. Denn die Vorgängerband Cuba-Boarische, also das etwas in die Jahre gekommene Original, machte es 2016 vor. Auch damals, beim ersten Gastspiel auf Einladung der Kolpingsfamilie gab es eine Melange aus bayerischer und kubanischer Musik. Auch damals schaute der eine oder andere unter den 900 Gästen, die ins große Zelt auf dem Olchinger Volksfestplatz gekommen war, etwas verdattert aus der Wäsche und sinnierte, ob das wohl musikalisch zusammengehe - Bayern und Kuba. Und auch damals kam man sichtbar zum Schluss: Jawoll, das geht sich aus.

In die Mehrzweckhalle sind, erneut auf Einladung der Kolpingsfamilie, 400 Zuschauer gekommen, viele in Dirndl und Lederhose. Nicht so viele also wie vor zwei Jahren, aber so ist das eben mit neuen Bands: Sie müssen sich das Renommee und die Gunst der Zuschauer erst erarbeiten. Bandleader und Multiinstrumentalist Leo Meixner, der auch schon in der Originalbesetzung unter Leitung seines Vaters Hubert eine tonangebende Rolle gespielt hat, macht sich also unterm weiß-blauen Baldachin und neben der überdimensionalen, aufgeblasenen Havana-Club-Rum-Flasche daran, die Herzen des Publikums zu erobern. Die etwas unterkühlte Atmosphäre in der großen Halle weicht Lied für Lied zunehmend karibischer Unbeschwertheit, kubanischer Ausgelassenheit und der schieren tropischen Lebensfreude.

Das beste aus zwei Welten und die Besten aus zwei atemberaubenden Bands haben auf der Bühne zusammengefunden. Ins Auge sticht die zierliche Gitarristin mit der gewaltigen Stimme: Yinet Rojas Cardona hatte mit dem Quartett Nueva Imagen aus Kuba 2016 noch die aus dem Mangfalltal stammenden Cuba-Boarischen unterstützt (die im Januar und Februar mehrere Abschiedskonzerte geben). Nun also ist die aus der Stadt Guantanamo stammende Sängerin, die in Salzburg die große Liebe "und die Sachertorte" gefunden hat, fest dabei - ebenso wie Ausnahmetrompeter Marinus Wagner, der mit seinem Spanisch und seinem kecken Hut auch locker als Kubaner durchgehen würde.

Das meterlange Alphorn, mit dem Meixner gemeinsam mit seiner verjüngten Combo ins Konzert startet, ist in Kuba ziemlich unbekannt. In der real existierenden Mangelwirtschaft, die reihenweise große Boxer, große Balletttänzer, große Musiker und große Improvisateure herausbringt, würde man damit wahrscheinlich die nächste Lücke im Rohrnetz überbrücken. Vielleicht wird das Ding auch deshalb gleich wieder weggepackt, um Platz zu machen für Gitarren, Ziehharmonika, Trompete, Posaune, Congas sowie Schlagzeug. Bekannte kubanische Gassenhauser treffen mit ihrer Hilfe auf bayerische Texte, manchmal wird innerhalb eines Lieds kurzerhand von Spanisch auf Bairisch geswitcht. Es ist so, als wenn der Leberkäs mit Frijoles con Arroz, also dem kubatypischen Reis mit schwarzen Bohnen, serviert wird. Ungewohnt. Aufregend. Wiesnstimmungsmusik trifft Salsa, wenn da der Boarische Hiasl besungen wird. Bei aller Rhythmik gibt es süß-sentimentale Intermezzi: Para Que un Dia vuelvas, Tu Mano, in denen es um Amor sincero geht, die wahre Liebe. Oder bei dem von der Yoruba-Religion inspirierten "Canto Afro Cubarbaro". Aber keine Bange: Der nächste Jodler, der Dauerbrenner "Rehragout", der Schunkler "Schwiagamutta danz amoi" und die Chachacha-Version des Spider-Murphy-Gang-Gassenhausers "Sommer in der Stadt" sind schon in Sicht. Da ist sie: Die Hitze der Nacht. Geht auch ohne Sommer. Aber nicht ohne Cubavaria. Schließ die Augen. Vergiss die Mehrzweckhalle. Denk an Che Guevara, Fidel Castro. Die Strandpromenade Malecón. La Habana Vieja. Und, nun gut, an Weißwurst mit süßem Senf.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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