Olching:Klare Worte bei der CSU

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"Die deutsche Gesellschaft ist offener geworden", sagt Gunther Schmid, Professor für internationale Politik. (Foto: Johannes Simon)

Wissenschaftler kritisiert Merkel und macht Hoffnung

Von Ariane Lindenbach, Olching

Knapp 28 Jahre nach dem Fall der Mauer ist die deutsche Einheit in unerwartet weite Ferne gerückt. Das Ergebnis der Bundestagswahl mit dem Erstarken der AfD und den herben Verlusten der beiden Unionsparteien scheint die Mauer in den Köpfen wieder aufleben zu lassen. Immerhin ist die ganz offensichtlich fremdenfeindliche, rechtsorientierte Partei vor allem in den Bundesländern im Osten gewählt worden. In den Ländern der früheren Bundesrepublik ist sie ausgerechnet in Bayern, wo die CSU für sich stets die absolute Mehrheit anstrebt, nun aber derbe Verluste eingefahren hat, am stärksten.

Vor diesem Hintergrund hat Gunther Schmid, emeritierter Professor für internationale Politik und Sicherheit, mit einem Blick von außen auf die Bundesrepublik am Dienstag ein erfreulich positives Bild skizziert. Dabei versäumte es der Ehrengast bei der von der örtlichen CSU organisierten Veranstaltung im Kulturzentrum Olching am Mühlbach nicht, heftige Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer "alternativlosen Politik" zu üben.

Regionale und internationale Konflikte, Terrorismus, eine sich verändernde politische Weltordnung, das Erstarken der Rechten und nicht zuletzt die Digitalisierung: all das trägt zu enormen Veränderungen bei. Doch Schmid war nicht nach Olching gekommen, um am Tag der deutschen Einheit den Wandel zu beklagen. Vielmehr schaffte es der Redner, seine etwa 60 Zuhörer mitzunehmen bei seinem Perspektivwechsel: weg vom klagenden, alles kritisierenden Nörgler, weg von der German Angst, hin zu einer Außenansicht auf ein prosperierendes Land, das in unruhigen politischen Zeiten immer noch bemerkenswert stabil dasteht.

Dafür bemühte Schmid ein paar Zahlen und zog Vergleiche, zum Beispiel dazu, wie viele Wähler die Rechten in Frankreich im Vergleich zur AfD in Deutschland haben. Und machte so deutlich, dass es auch noch schlimmere Wahlergebnisse geben könnte. Doch gerade wegen der vielen Unwägbarkeiten auf der Welt sei es um so wichtiger, eine stabile, funktionierende Europäische Union zu haben. Der Experte für internationale Politik machte deutlich, dass der Bundesrepublik hierbei in Anbetracht von Wirtschaftskraft, Einwohnerzahl und der unaufgeregten Bewältigung von Problemen wie der Wirtschaftskrise eine Führungsposition zufällt. "Ohne Deutschland wird die Europäische Union nicht weiterentwickelt werden können." Die Kanzlerin tue gut daran, die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorgeschlagenen Reformen zumindest zu einem großen Teil weiterzuverfolgen. Zugleich kritisierte Schmid aber auch deutlich, dass Merkels Politikstil mit einem bewusst geführten Nicht-Wahlkampf und ihren kontinuierlichen Aussagen, ihre Schritte seien alternativlos, als höchst undemokratisch: "Jede Politik hat eine Alternative." Das habe auch zum Erfolg der AfD beigetragen.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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