Olching:Keine Absperrungen, keine Taschenkontrollen

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Es dauert einige Zeit, bis sich die auf dem Nöscherplatz aufgestellten Bierbänke füllen. (Foto: Johannes Simon)

Nach dem Amoklauf in München findet díe Stadt beim Bürgerfest zur Normalität zurück - wenn auch anfangs schleppend

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Das Bürgerfest in Olching läuft am späten Samstagnachmittag bei Sommerhitze noch schleppend an. Die Hüpfburg auf der Hauptstraße vor dem Nöscherplatz füllt sich mit den Kleinsten erst allmählich. Noch haben die Kinder größere Lust, im Wasser des Brunnenmonuments herumzutollen. Eine Woche nach dem Amoklauf in München und dem Anschlag in Ansbach ist in der Amperstadt anscheinend wieder der Alltag eingekehrt. Auf 150 Metern ist die Olchinger Hauptstraße für den Verkehr gesperrt worden. Nur Autos müssen draußen bleiben, alle anderen haben unbehinderten Zutritt zum Nöscherplatz. Keine Wachleute, keine Polizei - jedenfalls ist sie nicht sichtbar. Zugangskontrollen finden an keiner Stelle statt. Olching: Nah an München dran oder doch weit genug weg?

Das Bürgerfest findet am Ersatztermin statt. Vorgesehen war das Fest eigentlich eine Woche zuvor am 23. Juli, einen Tag nach dem OEZ-Amoklauf. Es war aber bereits am Vormittag jenes Tages abgesagt worden - wegen des erwarteten schlechten Wetters. Eine erneute Absage - etwa aus Pietätsgründen - ist in Olching nicht erwogen worden. "Das war kein Thema", sagt Stadtsprecherin Julia Henderichs. Sie kann sich auch nicht vorstellen, den Platz abzusperren und den Zugang zu kontrollieren. "Es gibt viel zu viele Zugänge", so Henderichs.

Inzwischen sind alle Schattenplätze an den Biertischen besetzt. Die Olchinger Blasmusik spielt auf der Bühne einen schmissigen Marsch. Sie sollte sich mit der Bigband des Gymnasiums abwechseln, doch die musizierenden Schüler sind an diesem Ersatztermin bereits in die Ferien gefahren. Sonst fehlt niemand. Die Olchinger Tanzfreunde und die Schützengesellschaft "Gemütlichkeit" kümmern sich um den Getränkeverkauf. Den Steckerlfisch gibt es wie immer von Toni Gross, den Flammkuchen offeriert Michael Maier, der Wirt vom Vereinsheim des SC Olching, weitere Speisen gibt es vom Partyservice Georg Streller. Die Menschen an den langen Biertischreihen wirken unbeschwert. Olchinger kommen gerne zusammen, ob beim Volksfest oder beim Bürgerfest. "Ich habe hier keine Angst, nein in Olching nicht", bekräftigt ein junger Familienvater. Neben ihm sitzt sein kleiner Sohn im Kinderwagen. Doch schaue er sich jetzt mehr um als sonst: "Wenn etwas dubios erscheint, schaue ich schon ein zweites Mal hin." Doch an diesem frühen Abend gibt es nichts Dubioses. "Aufs Oktoberfest werde ich aber nicht gehen", sagt seine Ehefrau und klingt entschlossen. "Ich auch nicht" fügt der Mann hinzu. Die Wiesn ziehe ein viel größeres öffentliches Interesse auf sich, das sei ein größerer Anreiz für Täter als ein Olchinger Bürgerfest. Er habe zudem Angst vor einer Massenpanik, wenn beim Oktoberfest irgendein Schlauch platze oder es einen Knall gäbe.

Auch Gertraud Neuber wird in diesem Jahr auf einen Besuch des Oktoberfests verzichten. Für die gebürtige Münchnerin, die seit 35 Jahren mit ihren Ehemann Helmut in Olching lebt, ist der Verzicht auf den Wiesn-Besuch ein Novum. "Dort ist die Gefahr sehr groß", sagt sie. Sie habe auch das Attentat 1980 hautnah miterlebt. "Das sitzt mir immer noch in den Knochen." Helmut Neuber, ehemaliger Kriminalbeamter, widerspricht: "Meine Frau ist ängstlicher als ich. Natürlich gehen wir aufs Oktoberfest. Da wird schon nichts passieren." Passiert ist auch in Olching nichts, und Besucher kamen abends auch genug. "Es waren deutlich mehr als sonst", meint Julia Henderichs am Morgen danach. Sie schätzt die Zahl der Besucher über den Tag verteilt auf tausend. Auch am Schluss gegen 23.30 Uhr seien noch einige Dutzend Gäste gemütlich beieinander gesessen.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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