Olching:Justitia und die Laufvögel

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Vertreter des Landratsamts und des Olchinger Vogelparks treffen erstmals vor dem Verwaltungsgericht aufeinander. Es geht um die Größe eines Freigeheges für Nandus und ein Emu sowie um ein Winterquartier für Gelbkopfgeier

Von Stefan Salger, Olching

Der Streit zwischen Landratsamt und Olchinger Vogelliebhaberverein geht weiter. Ein erstes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München ist am Mittwoch ausgesetzt worden. Die drei Berufs- und zwei Laienrichter wollen sich Ende Oktober bei einer Besichtigung des Vogelparks an der Amper selbst ein Bild machen, bevor sie ein Urteil fällen. Dann soll sich zeigen, ob ein Gehege für Laufvögel groß genug und ein Winterquartier für Greifvögel gesetzeskonform ist.

Richter Dietmar Wolff kann sich in der Verhandlung zunächst ein Bild machen von einer ziemlich verfahrenen Lage. Man sei "etwas von der normalen Ebene weg", nennt er das Zerwürfnis diplomatisch. Seit mehr als einem Jahr liegt die Untere Naturschutzbehörde im Clinch mit dem Vogelpark. Dessen Vertreter fühlen sich durch akribisch interpretierte Auflagen und Androhungen von Zwangsgeld gegängelt und werfen der Behörde vor, sich nicht an Vereinbarungen zu halten. Vor allem hat sich ein tiefer Graben aufgetan zwischen Hans-Peter Merk, dem Leiter des Veterinäramts, und dem Verein. Merk ist nicht anwesend, dem Vernehmen nach ist er im Urlaub.

Mehrere von den Vogelliebhabern angestrengte Verfahren gegen weitere Beschlüsse des Landratsamts stehen in den nächsten Monaten bevor. So wartet Vereinsvorsitzender Dieter Ernst, der am Mittwoch dem Verfahren ebenso wie Greifvogel-Fachwart Sascha Kuchenbaur beiwohnte, bisher vergeblich auf eine Genehmigung der neuen Greifvogelanlage. Juristisch geklärt werden muss auch, ob sich bei der Entenfütterung der Kontakt zu wild lebenden Tieren ausschließen lässt oder solche Vorgaben des Tierseuchengesetztes völlig realitätsfern sind.

Beim ersten gerichtlichen Aufeinandertreffen der beiden Parteien geht es also noch nicht um die wirklich großen Brocken. Gleichwohl erkennt Richter Dietmar Wolff schnell, dass vor allem die Vertreter der Kreisbehörde nachdrücklich auf die Einhaltung aller Vorschriften pochen und kaum zu Zugeständnissen bereit sind, während Dieter Ernst und seine Rechtsanwältin Fee Huber mehrfach ihr Interesse an einem Vergleich oder einer Mediation bekunden. Das Gericht lässt Sympathie für deren Position durchblicken und hält auch die strittigen Androhungen von Zwangsgeldern für nicht haltbar. Wolff macht aber auch klar, dass er, wenn es um die Haltung von Lauf- oder Greifvögeln geht, sich mangels eigener Fachkenntnis an gesetzlichen Vorgaben orientieren wird.

Manchmal freilich scheint es so, als ob formales Recht hier dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Beispiel Freigehege: Auf einer Fläche von 350 Quadratmetern leben im Vogelpark seit vielen Jahren drei Nandus und ein Emu - allesamt flugunfähige Vögel - in einer Art Wohngemeinschaft. Eigentlich müssten Nandus und Emus auf je mindestens 250 Quadratmetern gehalten werden. Eine Trennung aber wäre dem "verwitweten" Emu-Weibchen nicht zumutbar. Der Behördenberechnung zufolge fehlen nun aber 150 Quadratmeter - außerdem ein Stall. Die Tiere seien alle schon sehr betagt, hätten wenig Bewegungsdrang, hält Ernst dagegen. Und die Erfahrung habe gezeigt, dass sie einen früher vorhandenen Unterstand nie benutzt hätten. Dennoch wäre er bereit, die vom Richter gebaute Brücke zu beschreiten: Das Gehege könnte etwas erweitert, ein einfacher Unterstand errichtet werden. Aus dem greifbar nahen Kompromiss wird nichts. Denn im Gegenzug wollen die Vogelfreunde die Zusicherung, dass das Landratsamt nun das Winterquartier für die Seriemas (Nachfahren der so genannten "Terrorvögel") und die Gelbkopfgeier genehmigt. Darauf aber will sich die Untere Naturschutzbehörde nicht einlassen. Sie pocht auf die Einrichtung einer Außenanlage. Die sei im Winter nicht nur sinnlos, sondern sogar gefährlich, warnt Kuchenbaur unter Berufung auf die Praxis in Zoos. Im Freien würden diese Vögel im Winter nicht überleben. Vor dem Gerichtssaal wundert sich Fee Huber etwas später noch darüber, dass das Landratsamt sechs Jahre lang das Winterquartier nicht beanstandet habe. Und nun plötzlich soll alles verkehrt sein. "Der Streit geht weiter", sagt Ernst verbittert. "Ich glaube, man will keine Lösung, sondern alles kaputt machen."

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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