Olching:Im  Investitionsstau

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Die Sozialwohnungen der Stadt müssten dringend saniert werden. Doch das würde 15 Millionen Euro kosten

Von Julia Bergmann, Olching

"Überall dort, wo die Stadt wirtschaftlich tätig ist, schreibt sie rote Zahlen", kritisiert Tomas Bauer, CSU-Fraktionsvorsitzender. Da seien nicht nur die Stadtwerke, die das vergangene Jahr mit einem Rekordverlust von einer halben Millionen Euro abgeschlossen haben, oder die Fotovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden, die keine Einnahmen abwerfen. Auch was die städtischen Wohnungen angehe, habe die Stadt über viele Jahre hinweg versäumt, klug zu haushalten. Anlass für Bauers Kritik ist das jüngst erschienene Wohnungsgutachten vom Büro Dr. Dirtheuer. In den vergangenen Monaten wurden die Wohnungen in rund 30 städtischen Gebäuden in Hinblick auf Bausubstanz , Sanierungsbedarf und Einwohnerzufriedenheit bewertet. Viele der Wohnungen befinden sich momentan in einem schlechten Zustand. Das Fazit des Büros: Um den Bestand auf momentan üblichem Niveau zu halten, beziehungsweise um ihn dorthin zu bringen, müsste die Stadt bis zu 15 Millionen Euro in die Hand nehmen.

So weit hätte es jedoch nicht kommen müssen, meint Bauer. Die Stadt verlange schlichtweg seit Jahrzehnten zu wenig Miete, meint er. "Selbst bei Sozialwohnungen ist eine Rendite von drei bis vier Prozent möglich", sagt er. "In Olching haben wir null Prozent." Gibt es keine oder nur geringe Überschüsse aus den Mieteinnahmen, fehlt auf lange Sicht das Geld, das nötig wäre, um die Wohnungen instand zu halten. Ein Versäumnis, das bald möglichst behoben werden solle, ginge es nach Bauer. "Wir müssen jetzt endlich anfangen, unsere Wohnungen auf zeitgemäßen Standard zu bringen", sagt er. Dazu sei es notwendig, angemessene Mieten von denjenigen zu verlangen, die die Kriterien für die Sozialwohnungen nicht mehr erfüllen. Auf wie viele der Mieter das momentan zutrifft, ist unklar, da es keine laufenden Überprüfungen gibt. Fest steht lediglich, dass einige der Bewohner eigentlich nicht mehr dazu berechtigt wären, in den Sozialwohnungen zu leben, etwa, weil sich seit deren Einzug ihre Lebenssituation oder Einkommensverhältnisse verändert haben. Die Bewohner, die weiterhin die Kriterien für Sozialwohnungen erfüllen, könnten, so Bauer, durch entsprechende Nachweise den Mietpreiserhöhungen entgehen.

Jürgen Koller, der Geschäftsleiter im Rathaus kann Bauers Kritik, die Stadt habe versäumt, rechtzeitig zu handeln, nicht nachvollziehen. Man habe in keiner Weise unüblich gehandelt oder sich falsch verhalten. "Im Gegensatz zu gewerblichen Vermietern verlangt unser Haushaltsrecht nicht, dass wir Rückstellungen für die Instandhaltung der Wohnungen bilden", meint er. Überschüsse, die durch Mieteinnahmen aus städtischen Wohnungen erzielt wurden, seien für andere städtische Zwecke, nicht aber für die Sanierung der betreffenden Wohnungen verwendet worden. Das sei nicht ungewöhnlich. Zu Lasten der Rendite gehe mit Sicherheit auch, dass die Stadt momentan zwei Wohnungen für Erzieherinnen frei halte. Geschuldet ist das dem Mangel an Personal in dieser Berufsgruppe. Sollten sich endlich zwei neue Kräfte finden, könnte man ihnen kurzfristig Wohnungen zur Verfügung stellen. Und immerhin, die Stadt habe im Gegensatz zu gewerblichen Vermietern auch eine soziale Aufgabe zu erfüllen. Untergebracht werden müssen auch Obdachlose oder Alleinerziehende mit geringen finanziellen Mitteln.

Tomas Bauers Lösungsansatz, die Mieten zwar anzuheben, aber diejenigen Mieter zu befreien, die nach wie vor die Kriterien für eine Berechtigung erfüllen, hält Koller in der Realität für schwer umsetzbar. Natürlich, räumt Koller ein, habe jemand, der plötzlich erheblich mehr verdiene, als bei seinem Einzug in die Sozialwohnung, theoretisch keinen Anspruch mehr darauf. "Aber er hat einen Mietvertrag", meint er. Rechtlich gesehen könne die Angelegenheit also schwierig werden. Und auch Koller übt Kritik: "Wir leben in einer Gebietskulisse mit angespanntem Wohnungsmarkt, wir haben uns für die Mietpreisbremse eingesetzt. Also müssen wir uns entscheiden, was wir wollen: Mietpreisbremse oder Mieterhöhung."

Eine Lösung für die Sozialwohnungen ist also noch lange nicht gefunden. Dass die Stadt ad hoc keine 15 Millionen Euro in Sanierungsmaßnahmen investieren kann, steht außer Frage. "Wir werden darüber noch harte und kontroverse Diskussionen führen müssen", meint Koller. Dann gelte es zu klären, wie man den Bestand in Zukunft pflegen möchte. Aber auch Fragen nach dem erwünschten Mieterklientel und damit zusammenhängend nach der Rendite muss sich die Stadt auf lange Sicht stellen. Dass es dabei einen Zielkonflikte geben wird, hält Jürgen Koller für unvermeidlich.

© SZ vom 03.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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