Leidenschaft:Halsbrecherisch

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Im Motodrom auf der Oidn Wiesn: Steilwandfahrer Christian Ganslmeier (weißes Hemd) mit dem Münchner Bürgermeister Josef Schmid. (Foto: Stephan Rumpf)

Christian Ganslmeier hat die Besucher des Oktoberfestes als Steilwandfahrer unterhalten. In Olching testet er seine Fähigkeiten auf der Speedwaybahn

Von Christoph Kaindl, Olching

An diesem Samstag wartet die Olchinger Speedwaybahn mit einer Besonderheit auf: Der von der Wiesn bekannte Steilwandfahrer Christian Ganslmeier wird sich auf ein Speedway-Motorrad setzen und über die Sandpiste rasen - ganz ohne Ausflüge in die dritte Dimension, wie er es sonst tut.

Landshut, 1981: Die drei Steilwandfahrer rasen senkrecht zur Wand dahin. Die Motorräder sind laut und verströmen ihren ganz eigenen Geruch. Den sechsjährigen Christian Ganslmeier stört das nicht. Die wagemutigen Männer an der Wand des Kessels faszinieren ihn. Da beschließt er, selber Steilwandfahrer zu werden. München, 34 Jahre später: Christian Ganslmeier ist auf der "Oidn Wiesn" vertreten. Mit einem Team von Steilwandfahrern. Wochen später schwärmt er noch vom Publikum: "Die Zuschauer waren unglaublich. Sie waren begeistert, bodenständig, dankbar. Wenn mir das vorher jemand erzählt hätte, ich hätte es nicht geglaubt."

Zwischen Landshut und München liegen nicht nur viele Jahre, sondern auch zahlreiche Erlebnisse. Als junger Erwachsener lernte er acht Jahre lang Steilwandfahren in England und Frankreich. Diese Zeit war hart: "In den ersten zwei Jahren habe ich nachts immer in einem Packwagen geschlafen. Auf einem Motorrad gleich losfahren, das ging auch nicht. Das erste Jahr habe ich nur handwerkliche Aufgaben gemacht, zum Beispiel Lastwagen repariert." Heute gibt es kaum noch Nachwuchs. "Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass keiner mehr unter diesen Bedingungen anlernen will", sagt Ganslmeier.

Kann man denn vom Steilwandfahren leben? Das fragt man sich bei der Nachwuchsproblematik automatisch. "Man kann von allem leben, wenn man genügsam ist", meint der Sportler. Sowohl er als auch seine Frau arbeiten, mit der Kinderbetreuung wechseln sie sich ab. Er selbst will bei den Steilwandfahrern bleiben, bis er 76 Jahre alt ist. "Heinz Meiners ist gefahren, bis er 74 war. Hugo Dabbert war mit 75 Jahren immer noch aktiv. Da will ich noch einen draufsetzen", erklärt er und nimmt Bezug auf zwei Steilwandfahrerlegenden. Ein Unfall könnte seine Karriere allerdings schon früher beenden: "Es kann immer was passieren. Während der Saison schauen wir unsere Motorräder zwar täglich durch. Trotzdem könnte ein Reifen platzen." Bei den Vorführungen ist es deswegen wichtig, "immer zu 100 Prozent" konzentriert zu sein. Angst darf man keine haben: "Sie macht nervös und erhöht das Risiko für verhängnisvolle Fehler."

Trotzdem hält es ihn in seinem Metier. "Alles ist schön", antwortet er auf die Frage, was er an seinem Beruf besonders schätzt. "In den Sommermonaten ist man ständig unterwegs. Mir gefällt die Vielseitigkeit unserer Arbeit: Lastwagen fahren und reparieren, das Aufbauen der Steilwand und natürlich die Aufführungen." Die spart er sich aber am Samstag.

Die Veranstaltung in Olching dauert von 10 bis 16 Uhr. Es besteht die Möglichkeit, ein Speedway-Motorrad auszuprobieren. Martin Smolinski, bester deutscher Speedway-Fahrer, gibt Hilfestellung.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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