Olching:Gute Laune und süße Bonbons

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Der Olchinger Faschingszug wartet wieder mit vielen kreativen Ideen auf und versetzt rund 20 000 Menschen am Straßenrand in närrische Stimmung. Den Preis für den schönsten Wagen gewinnt der Motorsportclub - zum siebten Mal in Folge

Von Katharina Knaut, Olching

Eine merkwürdige Stille liegt über Olchings Hauptstraße. Und das, obwohl sich rund 20 000 Menschen versammelt haben. Einige von ihnen sehen aus, als kämen sie direkt aus einer anderen Dimension: Einhörner, seltsam anmutende Rieseninsekten, Elfenkinder mit bunten Flügeln. Alle haben sich am Straßenrand versammelt und blicken in dieselbe Richtung. Sie warten. Auf das, was bald des Weges kommt. Die Stille ist gespannt, erwartungsvoll. Die Ruhe vor dem Sturm. Dann ertönt aus weiterer Entfernung der erste wummernde Bass. Von irgendwoher erschallt der Ruf: Olching Olau! Mit diesem Schlachtruf beginnt der 66. Faschingszug - mit seinen 36 Wagen und neun Fußgruppen in diesem Jahr.

Kaum eine Stunde später ist von der erwartungsvollen Ruhe nichts mehr zu spüren. Tatsächlich verstärkt sich der Eindruck, dass sich irgendwo in der Nähe das Portal zu einer bizarren, farbenfrohen Welt geöffnet hat, in der sämtliche menschliche Geschichten und Märchen Wirklichkeit geworden sind: Ein geisterhaftes Piratenschiff, behängt mit Spinnweben und Tauen, segelt über die Hauptstraße. Kurz darauf folgen blaue Schlümpfe mit weißen Zipfelmützen, sogar eine Tram fährt unter charakteristischem Gebimmel über Olchings Asphalt. Ohne die Musik, das überschwängliche Winken und die lachenden Gesichter könnte man fast von einer Invasion ausgehen. In gewisser Weise ist es tatsächlich ein Angriff: Zumindest gegen die Politik wird häufig geschossen, insbesondere die Kommunalpolitik wird attackiert. Dabei allerdings stets pointiert und mit feinsinnigem Humor.

Besonders sticht dabei der Wagen des Motorsportclubs Olching hervor: Dieses Jahr lässt er symbolisch das Rathaus durch Olching fahren, das in seinem grauen Ton fast wie eine Burg anmutet. Darauf hockt ein leuchtend rosafarbener Drache mit dem Gesicht der zweiten Bürgermeisterin Maria Hartl. Streng blickt sie auf die lachende Menge hinunter, dichter Rauch quillt aus ihren Nasenlöchern. Vor ihr, in der Schaufel des Traktors, der das "Rathaus" zieht, zappelt Bürgermeister Andreas Magg. Leicht panisch blickt er auf den Feuerball, dem Hartl ihm entgegen speit. "Drum pass auf unsere Stadt gut auf, sonst brennt dir die Hartl eine drauf", steht darauf. "Wir fanden, das passt", erklärt Fredi Reindl vom Motorsportclub, gewandet in ein leuchtend pinkes Drachenkostüm. "So wie Maria Hartl für die Südwestumfahrung kämpft. Wie ein Drache." Beim Publikum kommt das Gefährt gut an: Wo er vorbeifährt, lachen die Zuschauer, Handys werden gezückt. Er überzeugt auch die Juroren: Zum siebten Mal in Folge gewinnt der MSC den Preis für den schönsten Wagen.

Aber nicht nur die zweite, auch der erste Bürgermeister Andreas Magg erhält Kostümanregungen für die nächsten Jahre: Einmal setzt ihn die Faschingsgilde Olching als Eisbär auf den großen Schulden Eisberg (stellvertretend für die vielen städtischen Bauprojekte), sie erhalten dafür den zweiten Platz. Das andere Mal thront Magg als Julius Cäsar inmitten prächtiger marmorner Säulen, während er von einer Horde Gallier gejagt und mit Hinkelsteinen beworfen wird. Damit will der Burschenverein Frisch-Auf Graßlfing ein Zeichen setzen, der ein autonomes Hoheitsgebiet Graßlfinger Moos fordert.

Magg nimmt es mit Humor: "Das ist wie das Starkbierfest. Wenn du nicht vertreten bist, läuft etwas falsch." Außerdem findet er die Darstellungen gelungen: "Pointiert und fair." Er selbst zeigt sich an diesem Tag als Sheriff, der "über seine Stadt wacht", wie er scherzend erklärt.

Die Notwendigkeit eines Sheriffs besteht aber nicht. Im Gegenteil: Anfangs brauchen die Teilnehmer etwas, bis sie das vom Wind geplagte Publikum in Stimmung bringen. Doch dann fliegt Konfetti durch die Luft, gefolgt von Bonbons und Popcorn. Kinder fangen die Süßigkeiten begeistert auf. Jugendliche tanzen auf dem Gehsteig und prosten den Menschen auf den Wägen zu. Die Eltern wippen ebenfalls im Takt der Musik, die fröhlichen Gesichtsausdrücke wirken teilweise aber eher bemüht. Keine Frage: Fasching begeistert halt vor allem die Jüngeren.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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