Olching:Forschergeist in der Aula

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Bei der Science Fair stellen Gymnasiasten ihre Projekte vor. Der Elftklässler Nico Besch hat sich mit den Folgen radioaktiver Strahlung beschäftigt und beim Nachweis von Cäsium 137 Spürsinn bewiesen

Von Raphael Knipping, Olching

"Hier kann ich meinen Eltern und Verwandten mal zeigen, was wir in der Schule so machen", erzählt Feyza Sahin und steht stolz vor ihrem kleinen Ausstellungsstand. Auf einem kleinen Tisch liegt ein Modell einer Ente und an einer Pinnwand hängt der dazugehörige Steckbrief. Ringsum stehen die Tische ihrer Klassenkameraden mit weiteren Vogelmodellen und Nestern. "Unsere Klasse hatte das Thema Vögel", berichtet die Sechstklässlerin. Und da sie jeden Tag auf ihrem Schulweg Enten sieht, hat sie ihren Stand kurzerhand der Stockente gewidmet.

Mehr als 80 solcher Stände und Projekte waren am Montagabend auf der schuleigenen Wissenschaftsmesse Science Fair im Gymnasium Olching zu sehen. Diese ist Teil des Schulprojekts My Science, das sich über das gesamte Schuljahr und alle Jahrgangsstufen erstreckt", erläutert Tanja Neufeld, Lehrerin für Biologie und Chemie. Dazu gehört das Science Lab, ein für die Schüler bereitgestelltes und mit verschiedensten Geräten und Chemikalien ausgestattetes Labor. Dort können die Schüler jeden Mittwochnachmittag selbständig forschen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Wissenschaftstutoren, speziell ausgebildete Schüler, die jüngeren Schülern bei naturwissenschaftlichen Projekten sowie die Lehrer im Unterricht unterstützen und bei der Vorbereitung auf Wettbewerbe helfen. Ziel ist es, Schülern die Naturwissenschaften näherzubringen. Für ein naturwissenschaftliches Gymnasium sei es "sehr wichtig", den Schülern eine solche Bühne für ihre Projekte zu geben, so Neufeld.

Besucher nutzen die Gelegenheit für tiefe Einblicke auf der Algenfarm. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Auf der Science Fair zeigten die Schüler ihre Arbeiten, die am offenen Forschungsnachmittag im Science Lab oder in einem Projektunterricht entstanden sind sowie Arbeiten, die Schüler bei "Jugend forscht" eingereicht hatten. Dazu gehören beispielsweise eine Fahrradlenkerheizung, eine Algenfarm, ein synthetischer Kreuzbandersatz, eine Studie über Hormone im Abwasser oder den Nachweis "des Fallouts durch den Reaktorunfall in Tschernobyl anhand unterschiedlicher Cäsium-137-Konzentration in bayerischen Bäumen abhängig vom Standort".

"Unser Oberthema für das W-Seminar war ein Super-Gau", berichtet Nico Besch. Während andere für ihre Arbeiten nur recherchierten, wollte Nico "am liebsten selber forschen". Da Pflanzen Kalium durch Cäsium ersetzen, das sie über das Wasser aufnehmen, und der radioaktive Fallout durch Tschernobyl stellenweise sehr unterschiedlich ausfiel, suchte Nico zunächst Baumstämme aus drei verschiedenen Regionen in Bayern. Daraufhin spaltete er die Stämme in kleine Scheite und trocknete sie. Um die Radionuklide zu verdichten, verbrannte er jeweils drei Kilogramm von jedem Stamm und erstellte damit je 1,2 Gramm schwere Proben, die er wiederum mit verschiedenen Geigerzählern auf ihre Radioaktivität messen konnte. "Nach einigen Startschwierigkeiten" sei ihm tatsächlich der Nachweis von Radioaktivität in der Asche gelungen, so der Elftklässler. Ebenso ließen sich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten belegen - in Übereinstimmung mit den Messergebnissen des Fallouts über dem jeweiligen Gebiet. Doch Nico gab sich immer noch nicht zufrieden: "Ich konnte mit meinen Mitteln das Cäsium 137 nicht messen". Also kontaktierte er kurzerhand die Universität Ulm und konnte dort durch Gamma-Spektroskopie das Cäsium 137 und Kalium 40 in seinen Proben nachweisen. Der Aufwand wurde belohnt mit dem ersten Platz in der Senior-Gruppe.

Nico Besch hat sich mit der Konzentration von Cäsium 137 in Bäumen beschäftigt und in seiner Altersklasse den ersten Preis gewonnen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Auch Inge Weber, die als Rednerin in das Gymnasium eingeladen worden war, hat sich in ihrem Leben schon viel mit Radioaktivität beschäftigt. Schließlich ist Weber als "Nuclear Decommissioning Specialist" für die OECD in Paris tätig und kümmert sich um die Beratung der 33 Mitgliedsländer zu politischen Fragestellungen oder beispielsweise zur Stilllegung von kerntechnischen Anlagen. Dazu gehören laut Weber klassische Atomkraftwerke, jedoch auch Versuchsreaktoren und andere kerntechnische Anlagen.

Ein sehr komplexes Unterfangen, das den Schülern die praktische Anwendung von wissenschaftlichem Arbeiten veranschaulichen sollte. Jedes Rückbau-Projekt sei individuell und benötige eine jeweils ganz unterschiedliche wissenschaftliche Herangehensweise. Grundsätzlich gehe es bei ihrer Tätigkeit bei der "Nuclear Energy Agency" um Diskussionen, Erfahrungs- und Informationsaustausch, Vergleiche, Lernen und Unterstützung. Themen, die auch beim My Science-Projekt eine entscheidende Rolle spielen. Nicht umsonst hat das Gymnasium Olching mit dieser Initiative bereits zum zweiten Mal den deutschen Lehrerpreis in der Kategorie "Unterricht innovativ" gewonnen.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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