Olching:Es wird eng in Olching

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Anwohner nehmen ihre Klage gegen einen geplanten Neubau in zweiter Reihe nach Termin mit Verwaltungsgericht zurück

Von Ariane Lindenbach, Olching

Es wird eng. Auf den Straßen genauso wie bei der Wohnbebauung, wo die Häuser immer größer und die Gärten immer kleiner werden. Dieses Problem im Großraum München ist bekannt, das ist der Siedlungsdruck. Doch sobald jemand dieses Problem nicht nur in den Medien wahrnimmt, sondern es ihm selbst begegnet, wird bemerkt, was genau das bedeutet: Mehr Lärm, mehr Verkehr, weniger Platz. Und im schlimmsten Fall hat jemand plötzlich statt des freien Blicks auf einen idyllisch-grünen Garten eine Hauswand vor sich, sobald er aus dem Fenster schaut.

Das sind Befürchtungen von sechs Anwohnern in einem Wohngebiet in Olching. Dort stehen in großen Gärten Ein- und Zwei-, höchstens Dreifamilienhäuser; viele Gärten beherbergen neben einer Garage auch noch einen Gartenschuppen. Was die Anwohner dort umtreibt, ist der Bauantrag für ein Vier-Parteien-Haus samt Duplex-Garage, das hinter einem bestehenden Wohnhaus in dessen Garten errichtet werden soll. Der geplante Neubau, für den das Landratsamt die Genehmigung erteilt hat, soll sozusagen in zweiter Reihe errichtet werden - erstmals in dem Gebiet. Deshalb haben die sechs Anwohner vor dem Verwaltungsgericht gegen das Bauvorhaben geklagt.

Sie befürchten, dass mit der Genehmigung ein Präzedenzfall für das Bauen in zweiter Reihe, die so genannte Nachverdichtung, geschaffen wird. "Mit dem Vorhaben würde der Damm brechen", sagt Anton Posch, der es auf sich genommen hat, für die Gruppe der fünf anwesenden Kläger zu sprechen. Die fünf Richter der 11. Kammer des Verwaltungsgerichts München unter Vorsitz von Johann Oswald sind inzwischen eingetroffen. Zusammen mit den Klägern, der Rechtsvertreterin des Beklagten, also des potenziellen Bauherren, den zwei bis vier Vertretern der Stadtverwaltung Olching und des Landratsamtes Fürstenfeldbruck ist die Gruppe auf 20 Personen angewachsen. Während sie im Kreis um den Vorsitzenden auf der Straße steht, gewinnt man schon einen Eindruck von den bereits jetzt etwas beengten Verhältnissen. Zumindest auf der Straße. Mit vier weiteren Parteien und mindestens genauso vielen Autos würde der Parkplatz-Suchverkehr wohl weiter zunehmen.

Oswald referiert kurz das Geschehen: Zweimal lehnte der Stadtrat eine Genehmigung wegen der "prägenden Umgebung mit erholsamen Gartenbereichen" ab, bevor das Landratsamt im Mai 2014 den Vorbescheid erteilte und kurz darauf die Anwohner dagegen Klage einreichten. Nun will das Gericht - wie stets bei diesen sogenannten Augenschein-Terminen - die örtlichen Begebenheiten anschauen, in erster Linie freilich das fragliche, etwa 700 Quadratmeter große Grundstück und jene der Kläger.

Um in den hinteren Bereich zu kommen, braucht man einen Schlüssel. Die Anwältin des Eigentümers hat keinen. Also setzt sich der 20-Mann-Tross in Bewegung, vom direkten Nachbarn weiter zu den anderen drei, vier Häusern der Kläger. Der Weg in die Gärten, dorthin also, wo sich der Neubau besonders negativ auswirken wird, ist jedoch in vier von fünf Fällen nicht möglich, da es nach hinten hinaus gar keinen Garten gibt. Nur in einem Fall darf die ganze Gruppe durch den Hausflur nach hinten gehen. Dort ist ein circa 20 Quadratmeter großer überdachter, gepflasterter Bereich, mehr Freisitz als Garten, bevor der Zaun das Grundstücksende markiert. Von hier aus, erklärt der Bewohner über den Zaun gelehnt, würde man dann genau auf das geplante Haus blicken.

"Eine erdrückende Wirkung können wir hier nicht erkennen", sagt Oswald, nachdem sich das Gericht beraten hat. Es handle sich um ein Wohngebiet, damit verbundene Entwicklungen wie mehr Anwohnerverkehr und dichtere Bebauung seien hinzunehmen. Da kein Kläger einen Garten hinter seinem Haus habe, der durch den Neubau beeinträchtigt würde, rate er, die Klage zurückzunehmen. Die Kläger folgten seinem Rat.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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