Olching:Die Stadt bittet Eltern zur Kasse

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Trotz massiven Protests beschließt der Stadtrat eine Erhöhung der Kita-Gebühren

Von Julia Bergmann, Olching

Fassungslose Mienen sind auf der gut gefüllten Zuschauertribüne im Olchinger Rathaus zu sehen. Einem Großteil der Väter und Mütter fällt es schwer, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu bringen. Der Stadtrat hat die Gebührenerhöhung für Kindergarten, Krippen und Hort mit 24:7 Stimmen beschlossen. Im Schnitt zahlen Eltern bald 15 Prozent mehr, wobei es manch einen härter treffen wird als andere. Denn während das alte Gebührenmodell degressiv gestaltet war, ist das neue linear. Der größte Streitpunkt aber war die von Elternvertretern als "intransparent" bezeichnete Informationspolitik der Stadt. Man habe im Vorfeld unvollständige und teils unverständliche Daten und Unterlagen von der Stadt bekommen, kritisierten sie. Des weiteren fühlen sie sich zu wenig in den Entscheidungsprozess mit einbezogen.

Besonders fassungslos reagierten die anwesenden Eltern aber auf die Aussage der Finanzreferentin Martina Freudenstein (SPD), man wolle den Eltern entgegenkommen und die Erhöhung nun stufenweise umsetzen. Die Hälfte der Erhöhung soll vom 1. April an gezahlt werden, die zweite Hälfte wird von 1. September an fällig. "Was soll das bringen", rief einer der Zuschauer von der Tribüne. Die Antwort Freudensteins, "das bringt, dass die Eltern zum jetzigen Zeitpunkt nur mit 50 Prozent der Erhöhung belastet werden", löste mehrstimmiges verächtliches Schnauben auf der Tribüne aus. Ihre Schlussworte, sie denke, das Entgegenkommen sei eine akzeptable Lösung, wurde mitungläubigem Gemurmel und einem entschiedenen "Nein" kommentiert.

Schon während der aktuellen Viertelstunde räumte Stefanie Bergmeier, Vertreterin vom Kinderhaus Rappelkiste, ein, man habe zwar mit Gebührenerhöhungen gerechnet, "aber nicht in dieser überhasteten Art". Die Erhöhung und gleichzeitige Umstellung des Systems sei zudem sozial unverträglich. Sie selbst arbeite als OP-Schwester und müsse bald zwei Kinder in Einrichtungen unterbringen. Mit der Gebührenerhöhung lohne es sich kaum mehr, ihren Beruf auszuüben. Ähnlich ergehe es vielen Frauen in Teilzeitbeschäftigung, sodass es für sie sinnvoller wäre, die Kinderbetreuung selbst zu übernehmen. Bergmeier sieht eine Gefährdung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Besonders drastisch wird die Erhöhung für Eltern mit Kindern im Krippenalter ausfallen. In der Buchungsstufe bis zu 10 Stunden zahlen diese momentan 267 Euro, nach Abschluss der Erhöhung 404 Euro. Bei gleicher Stundenanzahl müssen Eltern für den Kindergarten im Moment 156 Euro zahlen, ab 1. September 196 Euro. Stadtrat Manfred Fratton (Grüne) sah das kritisch. "Diejenigen, die bis zu 10 Stunden buchen, sind doch Menschen, die ihre Kinder eher schweren Herzens abgeben und darauf angewiesen sind, einer Arbeit nachzugehen", sagte er. "Diese Menschen treffen wir damit hart".

Freudenstein hingegen argumentierte, man habe mit dem neuen Konzept einen deutlichen Schritt in Richtung Sozialverträglichkeit getan, indem man auch eine fünfzigprozentige Gebührenermäßigung für Geschwisterkinder, die Krippe, Kindergarten oder Hort besuchen, eingeführt hat. Zudem argumentierte sie mit der Arbeitsmarktzulage. Allein diese koste die Stadt rund 110 000 Euro pro Jahr. Durch die Gebührenerhöhung würde man aber lediglich 70 000 Euro zusätzlich einnehmen, von anderen gestiegenen Kosten für die Stadt ganz zu schweigen.

Bürgermeister Andreas Magg verwies auch auf den Erzieherinnen-Streik im vergangenen Jahr. "Wir haben schwere Kämpfe ausgefochten und sind heftigen, teilweise persönlichen Angriffen ausgesetzt gewesen, weil wir die Arbeitsmarktzulage abgelehnt haben", sagte er. Auf die Vorwürfe der Elternschaft habe der Stadtrat reagiert und die Zulage schließlich eingeführt.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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