Olching:Die sozialen Kontakte brechen weg

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Die gemeinsamen Treffen gehören für viele der jungen Menschen zu den wenigen Anlässen mit sozialen Kontakten. (Foto: Kreis Eltern behinderter Kinder)

Der Kreis Eltern behinderter Kinder stellt sein Sport- und Freizeitangebot bis Jahresende ein

Von Amelie Sittenauer, Olching

Die inklusiven Sport- und Freizeitangebote des Kreises Eltern behinderter Kinder Olching werden aufgrund der hohen Infektionszahlen im Landkreis bis Ende des Jahres ausgesetzt. Man wolle niemanden gefährden und die Verantwortung könne der Verein dafür derzeit nicht mehr tragen, so die Vorsitzende Manuela Brehmer. Für die Mitglieder, viele von ihnen sind Menschen mit geistiger Behinderung, ist das ein schwerer Schlag, denn mit den Aktivitäten brechen auch häufig Alltag, Bewegung und die sozialen Kontakte fast vollständig weg. Viele der Mitglieder belaste das psychisch, so Brehmer, sie zögen sich zurück, seien nicht mehr so offen, hätten sehr viel Angst. "Die meisten unserer Mitglieder sind unheimlich emotionale Menschen, und diese Emotionen werden eben in der Pandemie gerade ausgeschaltet. Die Spontanität, die viele Menschen ausmacht, wird ausgeschaltet. Man kann sich nicht mehr einfach Umarmen. Das tut weh", meint Brehmer, deren Bruder Trisomie 21 hat.

In der öffentlichen Debatte fehle ihr oft die menschliche Dimension, sagt die Vorsitzende: "Ja, die körperliche Gesundheit steht derzeit im Vordergrund, man darf aber nie die Psyche und vor allem die Seele vergessen." Das Präsenzproblem mit digitalen Angeboten zu umgehen, wie es derzeit vielerorts gemacht wird, ist für die Selbsthilfe-Initiative schwierig. Viele Mitglieder leben und arbeiten in betreuten Einrichtungen, der Zugang zum Internet und die Teilnahme an Videokonferenzen sind häufig nur schwer bis gar nicht möglich. "Wir versuchen es mit Online-Angeboten, aber die Herausforderungen sind einfach größer, weil die Einrichtungen so belastet sind, das es schwierig ist, Alternativen anzubieten", erklärt Brehmer.

Bereits im Frühjahr musste der Verein die gesamte Palette sportlicher und gesellschaftlicher Betreuungsangebote einstellen, bis sich die Situation im Sommer wieder entspannt hatte. Nachdem Testphasen im Juni sehr gut funktioniert hatten, kam dann der Entschluss den kompletten Sportbetrieb und einige gesellschaftliche Treffen unter Hygienestandards wieder aufzunehmen. "Das war einfach toll, alle sind wieder mit so einer Freude und so einem Elan gekommen. Und vor allem so diszipliniert, da kann sich wirklich jeder eine Scheibe abschneiden", meint Brehmer. Gleichzeitig habe sie aber auch sehr schnell gemerkt, dass Disziplin und Rücksichtnahme in der Gesellschaft deutlich nachlassen.

Ein Mitglied berichtete sogar von einem Vorfall, bei dem ihm ein Fremder vorgeworfen hatte, er sei der Grund, weshalb man überhaupt eine Maske tragen müsse. Ein Schlüsselerlebnis für Brehmer war auch zu beobachten, wie die Eltern vieler Kinder, die parallel zu ihrem Verein in der Sporthalle trainierten, ohne Abstand beieinander standen. "Es bricht einem das Herz, wenn man solche Entscheidungen treffen, und alles wieder einstellen muss, aber die Infektionen kommen einfach immer näher". Jetzt hoffe der Vereinsvorstand darauf, dass es zumindest im kommenden Jahr bald wieder weitergehen kann. In der Weihnachtszeit wollen sie bis dahin soweit möglich digital verbunden bleiben und gemeinsam Weihnachtsgeschichten lesen.

© SZ vom 03.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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