Olching:Bedürftige lesen gratis

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Stadtrat will Bibliotheksgebühren für sozial Schwache abschaffen und so den Zugang zu Bildung erleichtern

Von Julia Bergmann, Olching

Bald schon soll der Zugang zu Büchern für diejenigen Olchinger erleichtert werden, die sich finanziell in einer schwierigen Lage befinden. Sozialhilfeempfänger und Bezieher von vergleichbaren Leistungen sollen von der Bibliotheksgebühr von zwölf Euro pro Jahr befreit werden. Ein Betrag, der auf den ersten Blick nicht hoch erscheint, der für Leistungsempfänger aber einen entscheidenden Unterschied ausmachen kann. Einen entsprechenden Antrag hatten Finanzreferentin Martina Freudenstein (SPD), Kulturreferentin Ruth Busl (FW) und Vereinsreferent Tomas Bauer (CSU) im Mai gestellt. Die Mitglieder des Stadtrats sprachen sich nun für diese neue Regelung aus.

Mit der Gebührenbefreiung verfolgen die Referenten das Ziel, Chancengleichheit vor allem für Kinder von sozial schwachen Einwohnern zu schaffen. Freudenstein verweist auf eine Studie, der zu Folge sich 62 Prozent aller Kinder am Medienkonsum und Leseverhalten ihrer Eltern orientieren. Kinder bis 18 Jahre können zwar ohnehin kostenfrei Bücher in der Bibliothek in der Schwojerstraße und der Zweigstelle in Esting ausleihen, aber wenn schon die Eltern nicht lesen, fangen die Kinder erst gar nicht damit an, soweit die Idee hinter dem Antrag.

Für die Gebührenbefreiung müssten die Berechtigten lediglich die entsprechenden Bescheide vorlegen. In der Theorie einfach, allerdings könnte sich, so die Meinung der Stadtwerwaltung, daraus ein Problem ergeben. Die Leistungsbezieher seien oft zurückhaltend in der Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse. Die Resonanz werde somit wohl begrenzt ausfallen. Ähnliche Erfahrungen hatte man bereits mit der Unterstützung von Familien bei der Übernahme von Vereinsgebühren gemacht.

Aus diesem Grund könnte vielleicht schon bald der Vorschlag des Bibliotheksleiters Matthias Wagner angenommen werden. "Der Stadtrat könnte versuchsweise, für einen begrenzten Zeitraum die Jahresgebühren ganz abschaffen. Das wäre die größtmögliche Niedrigschwelligkeit ohne jeden Prüfaufwand", so Wagner. Ein Verlustgeschäft? Mitnichten, meint der Bibliotheksleiter. Er setze auf freiwillige Spenden der Bibliotheksnutzer. Gerade unter Stammkunden sehe er eine große Spendenbereitschaft. Aber noch ein anderes Argument spricht für Wagners Vorschlag.

Seit die Bibliotheksgebühren 2011 in Olching eingeführt wurden, nimmt die Stadt durch die Beiträge pro Jahr 10 000 Euro ein. FW-Fraktionsvorsitzender Ewald Zachmann vermutete bereits in der Vorberatung des Hauptausschusses, dass von den Einnahmen nicht viel übrig bleibe, verrechne man diese mit dem gestiegenen Verwaltungsaufwand. Rathaus-Geschäftsleiter Jürgen Koller konnte keine genauen Zahlen nennen, meinte aber: "Ich glaube, dass wir 10 000 Euro Aufwand für die Bearbeitung sehr schnell zusammen haben."

Der Bibliotheksleiter sieht mit der grundsätzlichen Gebührenbefreiung noch einen zusätzlichen Vorteil. "Ein Solche Maßnahme könnte der Einstieg in ein größeres Projekt sein, was sich "Olching auf dem Weg zur Stadt des Lesens" nennen könnte", meint er. Ein Projekt wie dieses würde mit Sicherheit überregional Aufmerksamkeit auf sich ziehen, findet Wagner. Immerhin verläuft die Entwicklung im Landkreis momentan eher in die andere Richtung, vergleichbare Kommunen tendieren dazu, Jahresgebühren zu erhöhen.

Über Wagners Vorschlag soll im Rahmen der kommenden Haushaltsberatungen gesprochen werden. Wird er angenommen, könnte sich auch der Wunsch von Marina Freudenstein erfüllen. Derzeit sind 8,54 Prozent aller Einwohner Bibliotheksnutzer, es gibt 56 Ausleihungen pro Jahr. "Insgesamt relativ wenig Ausleiher mit relativ vielen Ausleihungen", sagt Freudenstein. Ihr Fazit: "Wer die Bibliothek kennt, nutzt sie gut." Das sei eine Feststellung die nur einen Schluss zulasse. "Wir sollten dafür sorgen, dass mehr Bewohner sie kennen lernen."

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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