Ausstellung:Ausgewaschene Farbwelten

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Eine Ausstellung in der Brucker Volkshochschule zeigt Dias, die ein Hochwasser überstanden haben

Von Florian J. Haamann, Olching

Aus dem Unglück des Starzelbach-Hochwassers in Olching 2013 sind imposante Kunstwerke wie dieses entstanden. (Foto: privat)

Es war ein großes Unglück, das die Fotosammlung von Volker Rein zerstört hat. Doch aus dem Chaos sind überwältigende Kunstwerke entstanden, die Rein so nie hätte selbst schaffen können und die vielleicht einmalig auf der Welt sind. Auslöser war das Starzelbach-Hochwasser in Olching im Juni 2013. Volker Rein war damals im Italienurlaub, seine Fotos aus mehreren Jahrzehnten lagerten im Keller, als der Bach über die Ufer trat und innerhalb von wenigen Stunden den Raum flutete.

Als Rein einen Tag später, alarmiert von seinem Sohn, zurück nach Hause kam, war nicht mehr viel zu retten. Seine Schallplattensammlung und Tausende Dias wanderten in einen großen Müllcontainer. Nur ein paar Kartons mit Dias, die nicht komplett unter Wasser standen, landeten zufällig zum Trocknen auf der Terrasse. Als der Hobbyfotograf einige Tage später in diese Kartons schaute, entdeckte er dann das, was nun in einer Ausstellung in der Volkshochschule Fürstenfeldbruck zu sehen ist. Im Gegensatz zu den völlig überschwemmten Dias hatte sich bei den geretteten Exemplaren nicht alles in eine braune Brühe aufgelöst. Vielmehr waren die Strukturen größtenteils erhalten, dafür haben sich aber neue Farben entwickelt, die die festgehaltenen Alltagsszenen in ein expressionistisches Licht tauchen. So wurde aus einer weißen Berglandschaft mit dicken Schneeflocken im Vordergrund eine lilafarbene Traumwelt, die wie hinter einem Schleier verschwindet. Ein Foto von fünf Kampfflugzeugen bekommt nach dem Wasserschaden als türkis-blau-rosa-farbenes Wabenmosaik eine ganz neue Anmutung, die Flugzeuge treten in den Hintergrund, die entstehenden Emotionen in den Vordergrund. Neben Stadt-, Land- und Naturaufnahmen sind auch mehrere Porträts zu sehen.

Genau das ist es, was die etwa 100 Bilder, die Rein gerettet hat, ausmacht. Nicht mehr das Motiv ist von Bedeutung, es dient vielmehr als Träger einer Stimmung, die zwangsläufig durch die ungewohnten und realitätsfremden Farben entsteht. Der besondere Reiz liegt darin, dass der Betrachter aber stets erkennen kann, das dieser Effekt erst im Nachhinein entstanden ist und die Bilder ursprünglich der Dokumentation von Alltagsbeobachtungen dienen sollten.

Reproduzieren lässt sich dieser Effekt nach Meinung von Rein nicht. "Ich glaube mit normalem Wasser kann man das nicht erreichen. Vielmehr war es die Mischung aus dem Starzelwasser, mit Düngemitteln aus den Feldern und dem Waschmittel, das im Keller stand, was den Effekt ausgelöst hat", erklärt er. Freunde aus dem Brucker Foto- und Filmclub hätten ihm deshalb auch dazu geraten, das Zeug patentieren zu lassen, ergänzt er schmunzelnd. Die entstandenen Kunstwerke können ihn aber bis heute nicht ganz über den Verlust seiner Sammlung hinweg trösten. "Ich traue meinen verlorenen Dias natürlich immer noch hinterher. Zum Glück hatte ich einen Teil davon vorher schon digitalisiert." Und auch nach dem Hochwasser hat er seine Tätigkeit nicht eingestellt. Etwa 180 000 digitale Fotografien hat der ehemalige Vorsitzende des Fotoclubs mittlerweile auf seinem Computer gesammelt. "Ich denke, damit bin ich vor dem nächsten Hochwasser sicher."

Durch das Wasser haben sich die Farb- schichten des Films erst gelöst, sind ineinander geflossen und haben dann nach dem Trocknen neue Strukturen gebildet. (Foto: privat)

Die ausgestellten expressionistischen Bilder sind zwar durch einen Zufall entstanden, das Experimentieren mit neuen Techniken hat Rein allerdings schon immer begeistert. "Als damals die ersten, sehr teuren Überblendungsmaschinen entstanden sind, habe ich mir als gelernter Elektroingenieur einfach so etwas nachgebaut und damit herumgespielt", erzählt Rein.

Ausstellung der Hochwasserfotos von Volker Rein, Volkshochschule Fürstenfeldbruck, zu sehen bis Ende Mai, jeweils Montag bis Freitag von 8 bis 21 Uhr.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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