Olching:Aus für die Tell-Schützen

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Der Olchinger Verein findet trotz langer Suche keinen Kassier, außerdem fehlt ihm der Nachwuchs. Nach 86-jährigem Bestehen löst er sich deshalb auf

Von Julia Bergmann, Olching

Ihr 86. Jahr wird das letzte für die Olchinger Tell-Schützen sein. Nachdem es dem Vorstand lange Zeit nicht gelungen ist, ein Mitglied zu finden, das das Amt des Kassiers übernehmen wollte, löst sich der Verein nun auf. "Unser größtes Problem ist, der Verein ist furchtbar überaltert", sagt Schützenmeister Franz Neumann. "Der Altersdurchschnitt liegt bei 75 Jahren." Der harte Kern der Aktiven, zuletzt waren das noch zehn bis zwölf von insgesamt rund 40 Mitgliedern, bewegt sich im Altersbereich von 80 bis 82 Jahren.

Neumann räumt ein, dass der Verein in der Vergangenheit selbst Fehler gemacht hat, etwa was die Nachwuchsarbeit angeht. "Den älteren Mitgliedern ist es auch nicht gelungen, die eigenen Kinder mit in den Verein zu ziehen", sagt Neumann. Und dann ist da mit Gut Ziel Geiselbullach noch einer von mehreren Olchinger Schützenvereinen, die bereits sehr viele junge Mitglieder haben. "Natürlich gehe ich als junger Mensch lieber dahin, wo schon meine Freunde sind", sagt Neumann.

Zuletzt hatten sich die Schützen von Tell und Gut Ziel zwar einen Schießstand geteilt, aber eine Fusion, wie sie vor einigen Jahren diskutiert wurde, kam nicht zustande. Neumann weiß, dass es dagegen Widerstand einiger Vereinsmitglieder gegeben hat. "Einige haben gesagt, sie sind ein Tell-Schütze und wollen auch ein Tell-Schütze bleiben", erklärt er. "Was willst du da machen?"

Seit fünf Jahren ist Neumann Vorsitzender, seit 2014 steht er ohne Kassier da. Die Frau, die das Amt bisher inne hatte, konnte es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen. Jahrelang hat der Vorstand einen Nachfolger gesucht, jetzt hat er mangels Interessenten aufgegeben. Allein wegen der Kassenprüfung und der Entlastung des Vorstands bei den Jahreshauptversammlungen könne es ohne Kassier nicht weitergehen. Freilich ist Neumann die Auflösung des Vereins nicht leicht gefallen. Auch wenn der heutige Vorsitzende einst gar nichts mit dem Schießsport anfangen konnte und sich nach dem Tod seines Vorgängers zunächst nur schweren Herzens als Vorsitzender zur Verfügung gestellt hatte.

In den Verein gekommen ist Neumann 1983. "Aber als Nikolaus", erzählt er. Die Aufgabe hatte er auf Bitte des damaligen stellvertretenden Vorsitzenden übernommen. "Zum Schießen gegangen bin ich am Anfang nur, damit ich etwas miterlebe, über das ich dann schreiben und als Nikolaus vortragen kann", sagt er. Schließlich hat den 68-Jährigen doch die Begeisterung für den Sport gepackt.

Freilich, es gebe dem Schießsport gegenüber Vorurteile, meint er, und das sei vielleicht auch ein weiterer Grund dafür, dass der Verein zuletzt immer weiter geschrumpft sei. Aber die Vorurteile seien schlichtweg falsch. Das wisse, wer einmal die Atmosphäre an einem Schießstand miterlebt habe - die Konzentration, die Stille, die Art und Weise, wie fokussiert die Schützen daran arbeiteten, ihre Fähigkeiten zu verbessern.

"Dieser Tage ist die Einladung für das Olchinger Volksfest gekommen", erzählt Neumann. Die Stadt habe angefragt, mit wie vielen Mitgliedern man sich an dem Einzug beteiligen wolle. "Da kommt schon Wehmut auf", sagt er. Neumann denkt an die vergangenen Jahre, als sich Mitglieder des Vereins in Schützenjacke und -hut mit Vereinsfahne präsentiert haben. "Das wird es heuer nicht mehr geben." Mit dem Ende des Vereins wird Neumann wohl auch seine aktive Zeit als Schütze nicht weiterverfolgen. In einen der noch verbleibenden fünf Olchinger Schützenvereine einzutreten, kann er sich nicht vorstellen. "Das Schießen hat mich schon ein bisserl gepackt", sagt er. "Aber jetzt bin ich enttäuscht."

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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