Olching:Aufregung über Verkehrsberuhigung

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Die Olchinger CSU will einen zweiten Aktionstag in der Hauptstraße verhindern. Grüne, SPD und ÖDP widersprechen der Darstellung, es sei dort am Samstag chaotisch zugegangen

Von Ingrid Hügenell, Olching

Nach dem Aktionstag "StadTraum statt Parkraum" am Samstag greift die CSU die Veranstaltung mit scharfen Worten an. Es ist von "chaotischen Zuständen" sowie "unfallträchtigen Situationen" die Rede. Maria Hartl und Gewerbereferent Marcel Gemmeke von der CSU begründen so ihren Eilantrag. Sie wollen im Ferienausschuss am 11. August erreichen, dass der für 5. September geplante zweite Aktionstag abgesagt wird. Für einen "autofreien Samstag mit derart negativen Auswirkungen" dürften keine Steuergelder verschwendet werden, argumentieren sie.

Hartl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU, erklärt auf Anfrage, sie wolle als Stadträtin nicht verantwortlich sein, wenn etwas wirklich Schlimmes passiere. Die CSU hatte im Stadtrat gegen die Aktionstage gestimmt, bei denen eine Verkehrsberuhigung der Hauptstraße getestet werden sollte. Autofrei sollte der Samstag nicht sein, die Geschwindigkeit war aber auf 30 Stundenkilometer beschränkt. Initiiert hatten das die Grünen mithilfe der ÖDP, nur Teile von CSU und Freien Wählern votierten dagegen.

Sie sei zum Aktionstag bewusst mit dem Auto in die Stadt gefahren, berichtet Hartl im Gespräch mit der SZ. 70 Radfahrer seien zwischen Nöscherplatz und Bahnhof teils zu dritt nebeneinander links und rechts auf der Hauptstraße gefahren, einzelne auch auf dem Gehsteig. Eine alte Dame habe sich nicht getraut, über die Straße zu gehen. Hartl hat mit ihr allerdings nicht gesprochen.

Die scharfen, aggressiven Formulierungen im CSU-Antrag findet Dritte Bürgermeisterin Ingrid Jaschke (Grüne) sehr bedauerlich. "Das wiegelt auf", sagt sie. Grünen-Stadträtin Marina Freundestein spricht von "billiger Skandalisierung". Beide sind sich einig: "Da war kein Chaos." Tatsächlich sei eher weniger Verkehr gewesen als sonst an einem Samstagvormittag in Olching. "Was wir aber festgestellt haben: Viele Autofahrer waren richtig aggressiv", sagt Jaschke. Sie hätten die Radler, weit weniger als 70, rücksichtslos überholt und geschnitten. So kam es laut Polizei zu dem Unfall, bei dem ein 61-jähriger Radler stürzte und leicht verletzt wurde. Er gehörte zu den neun Critical-Mass-Radlern, die unabhängig vom Aktionstag unterwegs waren, so wie jeden ersten Samstag im Monat. Freudenstein hat auch die Autofahrer dagegen als überwiegend fair erlebt.

Stadträtin Ulrike Girtner (parteilos/ÖDP) widerspricht Hartls Darstellung entschieden: "Es gab keine 70 Fahrräder." Vielmehr seien genau 17 Lastenfahrräder und zwei Räder mit Anhängern hintereinander auf der Hauptstraße unterwegs gewesen. Keiner habe einen motorisierten Verkehrsteilnehmer oder in der Lastenrad-Schlange überholt oder den Bürgersteig benutzt. Nur sie selbst sei mit einem normalen Rad an der Kolonne vorbeigefahren um zu kontrollieren, dass alle sich an die Abmachungen halten. Und ganz hinten seien zwei Lastenrädern nebeneinander gefahren, um den Konvoi abzusichern. Eine politische Aktion, wie von Hartl behauptet, sei das nicht gewesen, vielmehr habe es sich um bunt zusammen gewürfelte Familien gehandelt.

Weder chaotisch noch gefährlich sei die Situation gewesen, berichtet auch SPD-Stadtrat Ralf Greim.Die Kampagne mit etwa 17 Rädern sei für ihn überraschend gekommen. "Die Lastenräder haben sich den Raum, den sie benötigen, genommen." Dahinter sei viel Autoverkehr sehr langsam gefahren. "Dann kommt man doch erst recht gut über die Straße", überlegt Greim. Die Äußerungen Hartls seien "völlig unlogisch". Gefallen haben ihm die Rad-Aktionen gleichwohl nicht. Denn sie seien für die Aufenthaltsqualität nicht förderlich gewesen, und die zu erhöhen sei ja das eigentliche Ziel der Aktionstage. Nun habe man Zeit, um es bis Anfang September besser zu machen und die Parkbuchten wirklich in Inseln zu verwandeln, wo man sich aufhalten könne.

Gabriel Sailer von der ÖDP sagt, es könnten höchstens dann 70 Radler gewesen sein, wenn man auch die Kinder mitzähle, die von ihren Eltern in den Lastenrädern gefahren wurden. Genau um die habe sie Angst, sagt Hartl. "Was da für Gefahren heraufbeschworen werden, mit den Kleinkindern in den Radanhängern!" Eben darum haben sich viele Eltern an dem Lastenrad-Konvoi beteiligt: Sie wollen die Hauptstraße gefahrlos befahren können, wie sie der SZ am Samstag sagten.

© SZ vom 05.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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