Olching:Anspruch und Wirklichkeit

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Die CSU Olching diskutiert über das "C" in ihrem Parteinamen

Von Moritz Glas, Olching

Die CSU trägt den Begriff christlich in ihrem Namen. Nicht zuletzt deswegen wird sie oft kritisiert von Bürgern und der Kirche, wenn diese der Meinung sind, dass die Christlich-Soziale Union nicht nach christlichen Werten und Grundsätzen handelt. Vor allem in der Flüchtlingsfrage wird die Parteiführung immer wieder mit dem Argument der Nächstenliebe traktiert. Eine Flüchtlingsobergrenze würde doch bedeuten, dass auch die eigene Nächstenliebe, die zu einem der beiden wichtigsten Gebote des Christentums gehört, auch eine Obergrenze hat, behaupten viele. Am Mittwoch diskutierte der CSU-Ortsverband Olching darüber, ob eine wirklich christliche Politik überhaupt möglich sei und wie diese aussehen könnte. Die CSU lud sich deshalb Diakon Josef Rauffer von der katholischen Pfarrei Sankt Peter und Paul als Experten ein. Er sollte dabei helfen, diese Fragen mit den neun Parteimitgliedern zu klären, die zum Stammtisch gekommen waren.

Tomas Bauer (von links), Josef Rauffer, Maximilian Gigl und Ulrich-Peter Staudt diskutieren. (Foto: Günther Reger)

"Politik hat sogar zwingend mit Religion zu tun. Im Idealfall mit dem Christentum", sagte Rauffer. "In der Politik geht es immer darum, ein Land zukunftsfähig zu machen. Die Hoffnung liegt also immer in der Zukunft. Genauso verhält es sich im Christentum. Das wirklich Gute kommt in Form des Paradieses auch erst ganz zum Schluss", erklärte er. Christliche Politik würde allerdings auch voraussetzen, dass Politik mit einem christlichen Wertebild von der Bevölkerung gewünscht werde. "Viele Leute haben mittlerweile den Bezug zur Kirche verloren. Sie wissen zum Teil überhaupt nicht mehr was es überhaupt heißt Christ zu sein", merkte der Diakon an. Außerdem müssten sich die Politiker auch offen zu ihrem Glauben bekennen. Das geschieht laut Rauffer aber viel zu selten. "Das würde nämlich bedeuten, dass man seine Überzeugung über eine Wiederwahl stellt", sagte er und fügte an: "Momentan schauen zu viele Politiker nur, dass sie möglichst wenigen Leuten mit ihren Aussagen auf die Füße treten, um die Chancen für eine Wiederwahl entsprechend hoch zu halten. Die eigene Überzeugungen und die eigenen Werte fallen dann oft hinten runter."

Stadtrat Tomas Bauer nahm in der Diskussion die Gegenseite ein. Er ist der Meinung, dass eine Politik genau nach christlichen Werten nicht immer funktionieren könne. In vielen Fällen sei es zwar auf jeden Fall richtig, die christlichen Werte in politische Entscheidungen einfließen zu lassen, in anderen aber nicht. "Kleinigkeiten können sonst zu moralischen Problemen hochstilisiert werden", warnte Bauer. Ein weiteres Problem sei, dass ein Politiker früher oder später zwangsläufig in ein Dilemma gerate, in dem zwischen zwei Übeln abgewägt werden müsse. Bei einem solchen moralischen Konflikt helfe einem der reine Glaube nicht mehr weiter, meinte Bauer. Seine These unterstrich er auch mit einem Beispiel. "Wenn ein Ingenieur als Flüchtling in Deutschland ankommt, nimmt man ihn natürlich aus Nächstenliebe. Dieser Ingenieur würde aber in seinem Herkunftsland viel dringender gebraucht werden. Wo ist also die Nächstenliebe für die Menschen, die sich die Flucht nicht leisten konnten und dringend auf den Ingenieur angewiesen wären?", fragte der Kommunalpolitiker. "Die Bibel hat nicht auf jede einzelne Frage eine Antwort. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist es an uns, nachzudenken und abzuwägen. Das nennt sich dann christliche Spiritualität", räumte Rauffer ein.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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