Olching:Ärger um virtuelle Ruhestätten

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Das Fotoverbot auf den Olchinger Friedhöfen verhindert etwa, dass die Inschriften der Steine festgehalten und in Datenbanken gesammelt werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit Foto- und Filmverboten wie auf dem Olchinger Friedhof soll ein Missbrauch der Aufnahmen verhindert werden

Von Julia Bergmann, Olching

Ausgerechnet ein Germeringer freut sich ganz besonders über die neue Friedhofssatzung in Olching, vor allem über das hinzugefügte Verbot von Foto- und Filmaufnahmen. Seit Jahren setzt sich Günter Horn bereits für ein solches Verbot auf den Friedhöfen im Landkreis, wie es schon seit längerem in Germering existiert, ein. Der Grund: Im Internet tauchen immer wieder neue Websites auf, die ohne das Wissen und somit auch ohne die Zustimmung Hinterbliebener Fotos von Grabsteinen sammeln und veröffentlichen.

Auf einer dieser Websites heißt es, eine Gruppe von Familienforschern habe sie ins Leben gerufen. Man wolle, wen man schon nicht sämtliche Originalsteine der vergangenen Jahrzehnte für immer erhalten könne, wenigstens Fotos als Erinnerungsstücke für spätere Generationen aufbewahren. Man könnte das als eine ehrenwerte Aufgabe verstehen, aber Horn warnt. "Es werden auch sämtliche Geburts- und Todesdaten in durchsuchbare Datenbanken eingetragen." Er versteht die Grabstätten vorrangig, wenn auch für jedermann zugänglich, als geschützten und privaten Raum der Trauer. In den vergangenen Wochen hat Horn auch den Puchheimer Stadtrat und die Gemeinderäte in Gröbenzell und Eichenau auf diese Websites aufmerksam gemacht. Horn berichtet davon, dass seine Bedenken in Eichenau Gehör fanden und dass auch viele Stadträte in Puchheim sein Anliegen durchdrungen und verschiedene Lösungsvorschläge in Aussicht gestellt hätten.

Als "wenig bürgerfreundlich" beschreibt Horn hingegen Reaktionen aus Gröbenzell. Eine der Antworten bezeichnet er als kurios argumentiert. Der SPD-Gemeinderat Peter Falk, der die Antwort geschrieben hatte, sieht das natürlich anders. Seiner Meinung nach seien Friedhöfe grundsätzlich öffentliche Orte. "Grabmale werden wiederum - letztlich von den Toten-Sorgeberechtigten - zum öffentlichen Gedenken aufgestellt", sagt er. Zudem finde man die auf einem Grabstein preisgegebenen Daten etwa auch in Traueranzeigen. Auch nicht unüblich sei es im Ausland, dass sogar Friedhofsträger die Daten und Fotos der Grabmäler ins Internet stellen. "Dies, um entlegen wohnenden Angehörigen, Freunden oder Bekannten eine sichtende Teilnahme zu ermöglichen", argumentiert Falk.

Letztendlich handle es sich bei der Frage des Film- und Fotoverbots um eine Grauzone, erklärt Christian Richter, der Leiter des für die Friedhofssatzung zuständigen Ordnungsamts. In der Fachliteratur werde eine solche Regelung aber immer öfter empfohlen. Richter bewertet die Grabstein-Daten sehr wohl als sensibel. Es stelle sich auch immer die Frage, in wie weit man diese missbrauchen könne. "Letztendlich können Sie ganze Datensammlungen anlegen, in denen auch abrufbar ist, wer wo liegt", sagt Richter, der auch Olchings Datenschutzbeauftragter ist. Eine solche Sammlung ginge eindeutig zu weit, zumal man auch bei der Stadt aus gutem Grund nicht einfach erfragen könne, wo sich ein bestimmtes Grab befinde. So könnte jemand diese Auskünfte nutzen, um Gräber zu schänden. "Auch das will man mit solchen Verboten verhindern", sagt Richter.

Zur Argumentation der oben zitierten Internetseite meint der Leiter des Olchinger Ordnungsamts: "Das Fotografieren und Filmen für den privaten Zweck ist immer noch erlaubt." So sei es immer noch möglich, Grabstätten zum Gedenken fürs Familienalbum festzuhalten. Horn wünscht sich nun, dass auch andere Kommunen sich dem Beispiel von Olching und Germering anschließen: "Eine Änderung in der Friedhofssatzung ist wenig aufwendig und erspart vielen Mitbürgern, mühsam Grabsteinfotos aus dem Internet löschen zu lassen."

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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