Öffentliche Sitzungen:Dabeisein ist Bürgerrecht

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Kommentar

von Andreas Ostermeier

Dass die Ausbreitung des Coronavirus eingeschränkt werden muss, darüber besteht Einigkeit. Politiker aus Bund und Ländern sowie Virologen haben sich zu diesem Zweck etliche Vorkehrungen einfallen lassen und auch durchgesetzt. All diese Maßnahmen schneiden tief in die Bürgerrechte ein. Die Bekämpfung des Virus darf aber nicht dazu führen, dass grundlegende Regeln der Demokratie aufgehoben werden, beispielsweise die Teilnahme von Bürgern an den Diskussionen und Entscheidungen von Gemeinde- und Stadträten oder Kreistagen. Das hat das Innenministerium deutlich gemacht. Die Aussage der Behörde lautet: Zur Demokratie am Ort gehört die Öffentlichkeit.

Die Klarstellung ist nötig - und ein Rüffel für das Brucker Landratsamt. Das war, wie auch einige Bürgermeister im Landkreis, viel zu schnell bereit, die Öffentlichkeit von den Diskussionen der Gemeinderäte auszuschließen. Von einer Landkreisverwaltung sollte man erwarten dürfen, dass sie demokratische Grundregeln verteidigt und sich im Kampf gegen eine Virusausbreitung mehr einfallen lässt, als die Rathaustüren zuzusperren. Das mag eine naheliegende Reaktion sein, um Ansteckungsrisiken zu verringern und Raumprobleme zu lösen. Demokratische Spielregeln haben aber einen hohen Wert, sie dürfen nicht so einfach aufgegeben werden.

Das gilt auch in Zeiten einer Krise. Das Innenministerium hat dies deutlich gemacht und Kommunen sowie Landratsämtern eine Alternative aufgezeigt. Die Alternative, in einem kleineren Gremium zu tagen, mag Schwächen haben, sie respektiert aber die wichtige Rolle, die die Öffentlichkeit bei der Verwaltung von Kommunen spielt. Einwohner sind nicht nur Sitzungspublikum, sondern Bürger, die Verwaltung einer Stadt oder einer Gemeinde nicht nur die Sache von Sachbearbeitern und Lokalpolitikern. Schließlich wird auf kommunaler Ebene über Straßen, Schulen, private und öffentliche Neubauten, Vereinszuschüsse und vieles andere entschieden, das die Einwohner direkt betrifft. Diese müssen mitverfolgen können, wie solche Entscheidungen zustande kommen - auch in Zeiten einer Pandemie.

© SZ vom 25.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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