Nachbarn in Lebensgefahr:Macheten-Angriff im Wahn

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Landgericht stuft Fürstenfeldbrucker als schuldunfähig ein. Er muss dauerhaft in eine Psychiatrie

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Barfuß, mit wildem Kampfgeheul und einer Machete, die er zunächst beidhändig über dem Kopf schwang, ist ein 27-jähriger Fürstenfeldbrucker vor einem Jahr auf seinen Nachbarn losgegangen. Dass es keine Verletzten gab, lag in erster Linie an der geistesgegenwärtigen Reaktion des Angegriffenen, der sich flink wegduckte und dadurch eine wohl schwere Verletzung verhindern konnte. Der junge Mann, der seit mindestens sieben Jahren an einer psychischen Erkrankung leidet, startete keinen weiteren Angriff, obwohl er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Am vergangenen Donnerstag hat die 1. Strafkammer am Landgericht München II nun das Urteil gesprochen: Der junge Mann wird in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht; er war aufgrund seines Zustands zur Tatzeit schuldunfähig.

Aus diesem Grund sind juristische Details wie die in einem normalen Verfahren durchaus wichtige Frage, ob es nun versuchter Totschlag oder gefährliche Körperverletzung war, nicht entscheidend. Trotzdem sei hier erwähnt, dass selbst die Staatsanwältin den ursprünglichen Anklagevorwurf des versuchten Totschlags nicht mehr gegeben sah, weil es der Fürstenfeldbrucker bei einem einzigen horizontalen Machetenhieb beließ.

Während im normalen Strafverfahren die Definition einer Straftat erheblichen Einfluss auf das Strafmaß hat, geht es indes in einem Prozess wie dem vorliegenden in erster Linie um die Frage, ob die Unterbringung in der Psychiatrie, wo sich der Angeklagte seit dem Vorfall vom 1. Mai letzten Jahres befindet, noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dementsprechend machte der Vorsitzende Richter Thomas Bott dann auch deutlich: "Wir sind hier im Sicherungsverfahren und das sind keine Schuldvorwürfe. Er ist schuldunfähig."

Die zentrale Frage, die die Richter beantworten müssen, ist die nach der Gefahr, die vom Angeklagten ausgeht. Und die bejahen sie nach vier Verhandlungstagen, während derer sie die Aussagen von diversen Zeugen sowie Ärzten und psychiatrischen Gutachtern gehört haben. "Der Angeklagte hat seit mindestens 2012 eine psychotische Erkrankung", die wellenförmig verlaufe und auch bei der richtigen Behandlung nicht heilbar sei, begründete der Vorsitzende, der regelmäßig Kontakt zur behandelnden Ärztin des Angeklagten hält, die Entscheidung.

Derzeit sei der Zustand des 27-Jährigen noch zu instabil, die potenzielle Gefahr, die er für sich oder andere beim geringsten Anlass darstelle, noch zu groß. Doch die Richter sehen auch die positiven Aspekte. "Wir sehen, dass das nicht die dramatischste Tat ist", tatsächlich könne man ohne Ergebnis lange darüber grübeln, ob der Angeklagte seinen Nachbarn tatsächlich verletzen oder nur einschüchtern wollte.

Fakt sei jedenfalls, betonte Bott, dass abstrakt doch erhebliche Gefahr für den Nachbarn und die beiden daneben stehenden Zeugen bestanden habe: "Objektiv hat Lebensgefahr bestanden", betonte er." Aber es gibt auch einen anderen Aspekt: "Wir sehen, dass der Angeklagte in den letzten Monaten positive Ansätze entwickelt hat." Deshalb stellte der Vorsitzende Richter dem 27-jährigen Brucker in Aussicht, dass die Unterbringung in der Psychiatrie "in nicht allzu ferner Zukunft" zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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