Nach Christkindlmarkt-Verbot:Todesstoß für die Kultur im Kleingedruckten

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Fürstenfeld-Chef Norbert Leinweber sieht in dem Verbot des Adventsmarkts und strengen Auflagen für Veranstaltungen einen De-Facto-Lockdown

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

"Wir sind alle am Boden zerstört", sagt Esther Buyken vom Veranstaltungsforum am frühen Freitagnachmittag. Etwa eine Stunde zuvor hatte die Nachricht die Runde gemacht, dass in ganz Bayern Christkindlmärkte abgesagt werden müssen. Dass das auch die Veranstaltung auf dem Klostergelände betrifft, ist zunächst noch nicht ganz klar. Denn diese ist eher weitläufiger Kunsthandwerkermarkt als enger, Glühwein- und Bratwurstdominierter Weihnachtsmarkt. Aber die Mitarbeiter des Veranstaltungsforums und die 60 Anbieter, die kommen wollten, haben keine große Hoffnung. Auch für Oberbürgermeister Erich Raff (CSU), der nach einer Besprechung mit Bürgermeistern und Landrat ins Rathaus kommt, ist die Sache ziemlich eindeutig. Eine Mehrheit im Hauptausschuss hatte mit Blick auf die explodierende Inzidenz bereits vor gut einer Woche den Christkindlmarkt der Stadt abgesagt, obwohl der vom Viehmarktplatz auf den geräumigeren Volksfestplatz verlegt worden wäre. Eine solche Veranstaltung sei zurzeit kaum zu verantworten, hieß es in nicht öffentlicher Sitzung sinngemäß.

Am Donnerstagabend wiederum hatte sich im Brucker Rathaus eine große Mehrheit der Stadträte von Fürstenfeld-Chef Norbert Leinweber überzeugen lassen. Leinweber hatte auf das sehr akribische Hygienekonzept von "Advent in Fürstenfeld" verwiesen - und eher nebenbei darauf, dass solche Entscheidungen über Events im Veranstaltungsforum in die Zuständigkeit der Werksleitung fallen und der Stadtrat, der Ende des Monats darüber abstimmen soll, streng genommen eigentlich nicht zuständig sei.

Hätte Ministerpräsident Markus Söder am Freitagmittag nicht doch noch sein Machtwort gesprochen, dann wäre eine Mehrheit in Leinwebers Sinn im Stadtrat sehr wahrscheinlich gewesen.

Der Fürstenfeld-Chef warb mit großer Überzeugung für die dezentral konzipierte Veranstaltung unter Einbindung von Fürstenfelder Restaurant und Klosterstüberl, deren Ausrichtung Fürstenfeld dieses Jahr von Birgitta Klemenz übernehmen wollte. Er widersprach damit der von der Stadtverwaltung ausgearbeiteten Stellungnahme. Geplant waren bei freiem Eintritt maximal tausend Besucher auf dem umzäunten Areal sowie die 2-G- oder notfalls auch 2-G-plus-Regelung. In der Tenne sollte Maskenpflicht gelten. Leinweber klagte, bei großen Möbelgeschäften sei der kaum reglementierte Glühweinausschank ebenso wenig ein Problem wie Zehntausende Zuschauer beim FC Bayern, aber in Fürstenfeld werde trotz des Hygienekonzepts besonders kritisch hingesehen. Zustimmung gab es von Florian Weber (Die Partei), Georg Jakobs (CSU), Klaus Wollenberg (FDP), Markus Droth (Freie Wähler), Philipp Heimerl (SPD), Karl Danke sowie Lisa Rubin (beide BBV), Alexa Zierl (ÖDP) und unter der Bedingung "2-G-plus" auch von Christian Stangl (Grüne). Dagegen stimmten wegen der "außer Kontrolle" geratenen Infektionslage Stangls Fraktionskolleginnen Gina Merkl und Theresa Hannig.

Besonders schmerzhaft ist Söders jüngster Erlass fürs Veranstaltungsforum noch aus einem anderen Grund, so Leinweber in einer ersten Reaktion am Freitag. Etwas verklausuliert versetze der allen Kulturveranstaltungen "den Todesstoß". Denn künftig gilt für Kultur- und Sportveranstaltungen eine Auslastung von maximal 25 Prozent an Zuschauern und 2-G-plus. Leinweber erklärt am Beispiel der Aboreihe Jazz First das Dilemma. Es gebe - noch - 150 Abonnenten. Kaum vorstellbar, einem Teil davon nun den Eintritt zu untersagen und sich vom Rest einen Schnelltest vorlegen zu lassen. Leinweber rechnet auch mit rechtlichen Vertragsproblemen, wenn man 30 bis 40 Personen abweisen müsse. "Vollkommen absurd" sei das mittlerweile. Dieser Quasi-Lockdown es sei Beleg für den Stellenwert, den Kultur bei Söder genieße.

© SZ vom 20.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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