Nach Abschaffung der Strabs:Zu wenig Geld Bau und Erhalt

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Die Wendelsteinstraße in Gröbenzell ist in keinem guten Zustand. Sie weist Risse im Asphalt auf. (Foto: Matthias Döring)

Weil die Anlieger nicht mehr für Straßen mitzahlen müssen, entfällt eine wichtige Einnahmequelle. Zugleich fürchten die Gemeinden steigende Ansprüche der Bürger. Gutachten sollen helfen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Im Juni 2018 hat die Staatsregierung beschlossen, die Straßenausbaubeitragssatzung, kurz Strabs, abzuschaffen, rückwirkend zum Jahresanfang 2018. Seit einem Jahr dürfen die Kommunen kein Geld mehr von Grundeigentümern einfordern, wenn sie eine Straße ausbauen. In der Kreisstadt trifft das zum Beispiel auf den Theresianumweg zu, der 2017 ausgebaut wurde. Dadurch gehen der Stadt Fürstenfeldbruck etwa 150 000 Euro verloren. Zwar will der Freistaat die Ausfälle mit Ausgleichszahlungen kompensieren. Aber in vielen Rathäusern fürchtet man, dass die Beträge nicht ausreichen werden.

"Mit der Strabs hat sich der Druck aus der Bürgerschaft in Grenzen gehalten", sagt Johann Kronauer. Der Referent für Finanzen beim Bayerischen Städtetag kennt die Befindlichkeiten der Kommunen gut. Da die nun keine Beiträge mehr für den Straßenausbau von ihren Anwohnern verlangen dürfen - und das waren abhängig von der Bedeutung der Straße bis zu 80 Prozent -, erwarten sie nun Einnahmeausfälle einerseits sowie eine höhere Erwartungshaltung der Bürger andererseits. "Da macht es Sinn, dass die Gemeinden Sanierungsmaßnahmen nach objektiver Dringlichkeit angehen." Um das festzustellen, könnten Gutachten hilfreich sein. Kronauer schlägt die Begutachtung und Analyse des kommunalen Straßennetzes durch eine externe Firma vor, die eine Prioritätenliste erstellt oder zumindest eine Bewertung vornimmt. Die Bauverwaltungen in den Rathäusern können dann den Ausbau entsprechend des jeweiligen Zustands realisieren. In Gröbenzell wurde soeben eine solche Untersuchung abgeschlossen, die Gemeinde Maisach hat für 2019 eine in Auftrag gegeben.

Insgesamt 80 Kilometer Straßennetz hat die Firma Lehmann und Partner GmbH in Gröbenzell untersucht. Wie Bauamtsleiter Markus Groß erläutert, ist etwa die Hälfte in einem guten Zustand. Für die andere Hälfte muss der Gemeinderat anhand der Bewertung entscheiden, welche Straße wann ausgebaut werden soll. Die Firma hat das gesamte Straßennetz Gröbenzells untersucht, den Zustand der Straßen bewertet und sie gemäß ihrer Bedeutung gewichtet. Die Prioritätenliste soll der Gemeinderat im Frühjahr erstellen.

"Man hat jetzt eine objektive Beurteilung, welche Straße in was für einem Zustand ist", sagt Groß. Denn auch wenn der Bauamtsleiter bislang noch keine lautstarken Forderungen von Gröbenzellern nach einer schnellen Behebung der Straßenschäden erlebt hat, rechnet er in Zukunft damit. "Das ist durchaus eine Angst, die sich breitmacht mit der Abschaffung der Strabs, dass die Begehrlichkeiten der Bürger zunehmen." Aus diesem Grund findet er die Straßenbewertung nicht nur unter fachlichen Aspekten hilfreich: "Das ist auch eine Hilfe für die Gemeinderäte. Denn die treffen ja die Bürger und müssen argumentieren." Das sei sicher einfacher, wenn man mit Tatsachen wie Frostschäden oder Spurrillen argumentieren könne.

Im Fürstenfeldbrucker Rathaus hat Markus Maurer bereits erste Erfahrungen mit den wachsenden Begehrlichkeiten gemacht. "Das war im Sommer, direkt nachdem das Gesetz durchkam", erinnert sich der Beitragssachbearbeiter. Da habe er den Brief eines echauffierten Anwohners erhalten, der sich über den Zustand seiner Straße beschwerte und sofortige Abhilfe verlangte. Der Briefeschreiber wird sich vermutlich gedulden müssen, da es sich um eine reine Anliegerstraße handelt. Denn viel befahrene Straßen wie zum Beispiel Ortsdurchgangsstraßen werden mit höherer Dringlichkeit behandelt, weil sie mehr Belastungen aushalten müssen und von mehr Menschen genutzt werden. Der Beitragssachbearbeiter geht davon aus, dass auch in Bruck die Straßen noch einmal genau untersucht und nach Dringlichkeit bewertet werden. Für ihn selbst habe die Gesetzesänderung wenig verändert: "Für mich hat sich jetzt nur der "Gegner" geändert. Früher war es der Bürger, jetzt ist es der Freistaat."

Auch in Maisach, der flächenmäßig größten Kommune im Kreis mit 59 Kilometer Orts- sowie 49 Kilometer Verbindungsstraßen, will man mit guten Argumenten in Form einer stichhaltigen Untersuchung des Straßenzustands gegen Forderungen der Bürger gerüstet sein. "Wir haben jetzt eine Firma beauftragt", bestätigt Bauamtsleiterin Michaela Meinhold. Denn auch im Maisacher Rathaus erwartet man, dass die Begehrlichkeiten ohne die Straßenausbaubeitragssatzung wachsen werden. Wie in Gröbenzell wird das Straßennetz auf seinen Zustand untersucht und die Straßen anschließend bewertet.

Der finanzielle Ausgleich durch den Freistaat wird laut Kronauer nach der Siedlungsfläche berechnet. Fürstenfeldbruck würde von den 85 Millionen Euro pro Jahr, die mittelfristig bereit stehen sollen, etwa 135 000 Euro bekommen. Damit ist nicht einmal der Beitrag für den Theresianumweg kompensiert. Wie der Finanzreferent des Städtetags darlegt, sind genau das die Befürchtungen der Spitzenverbände: "Dass die Pauschalen, die der Freistaat geben will, nicht ausreichen werden." Daraus könne folgen, dass entweder andere wichtige Investitionen liegen bleiben oder dass die Grundsteuer B angehoben wird. Nach Kronauers Einschätzung würde das am Ende voraussichtlich wieder die Kleinsten betreffen: die Mieter.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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