Musik:Kultivierter Schönklang

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Im Mittelpunkt: Steven Isserlis (Mitte) und Mitglieder der Kammerakademie Potsdam beim Auftritt in der Stadthalle. (Foto: Günther Reger)

Auftaktkonzert der Klassik-Reihe begeistert Publikum

Von Klaus Mohr, Germering

Musik des 18. Jahrhunderts spielt oft mit dem Stilwandel vom Barock zur Klassik. Das galt auch für das Eröffnungskonzert der neuen Saison der Klassik-Reihe Germering am Freitag, bei dem die Kammerakademie Potsdam gemeinsam mit dem britischen Cellisten Steven Isserlis im sehr gut besuchten Orlandosaal gastierte. Auf dem Programm standen Werke von Joseph Haydn, Carl Philipp Emanuel Bach und Luigi Boccherini.

Die Originalität der Kompositionen Haydns stand lange im Schatten der Werke Mozarts und Beethovens. Dass sich der Blickwinkel verändert hat, hängt sicher damit zusammen, dass die Musiker sich intensiver in den spezifischen Klang eingearbeitet haben. Das war auch bei den beiden Haydn-Symphonien zu beobachten, die das Programm einrahmten. Die vier Sätze der Symphonie Nr. 13 in D-Dur müssen als kompositorische Einheit gesehen werden: Der heitere Charakter des Eingangs-Allegros lebte von den offensiven Dreiklangsbrechungen, die gleich zu Beginn von kräftigen Bläserklängen gestützt waren. Für den zweiten Satz, ein Adagio cantabile, wirkte der Kopfsatz wie ein klangvolles Entrée. Steven Isserlis, Dirigent und Solist am Violoncello zugleich, musizierte den Solopart wunderbar singend und mit ganz weichen, absolut bruchlosen Kantilenen. Die "blühende Klangoase", die durch die zurückhaltende Begleitung durch das Orchester beim Hörer ankam, leuchtete im Umfeld der anderen Sätze besonders hell. Mit dem Menuett kehrte der Klang in die repräsentative Welt zurück, wobei das Trio von zarten Dialogen geprägt war. Häufige Impulse und Synkopen trieben die Musik im Finalsatz (Allegro molto) voran.

Der nicht von Haydn stammende Titel der Symphonie Nr. 48 in C-Dur, "Maria Theresia", traf den Gestus dieser Musik dennoch sehr gut. Der Jagdcharakter am Beginn (Allegro) öffnete dem Publikum Bilder aus dem höfischen Leben. Dynamische Bögen gaben dem Satz klare Konturen und klangliche Struktur. Die melodischen Linien des Adagio und der bodenständige Tanzcharakter im Menuett markierten klassisches Ebenmaß und klangliche Ausgewogenheit.

Das Konzert für Violoncello und Orchester in A-Dur Wq 172 von Carl Philipp Emanuel Bach mutete dagegen wie ein impulsives Ringen um stilistische Orientierung an. In den motorisch geprägten Passagen des Allegro-Kopfsatzes wurde die Nähe zum Barock spürbar. In den mit überaus flexibler Bogenhand musizierten Soloteilen strahlte die Geradlinigkeit der Kantilenen große Sanglichkeit aus. Auf diese Weise entwickelte sich aus den ständig wechselnden Gegensätzen der eruptive Charakter dieser Musik. Im Largo wuchs der Solopart quasi aus dem Orchester heraus, das Final-Allegro bestimmte eine Verschmelzung verschiedener Kräfte.

Kultivierter Schönklang wurde zum Kern der Interpretation des Konzerts für Violoncello und Orchester Nr. 7 in G-Dur von Luigi Boccherini. Kammermusikalisch transparent und voll italienischer Leichtigkeit bestachen alle drei Sätze dieses Konzerts. Im Detail wirkten die Terzenketten des Solisten mit dem Orchester im Eingangs-Allegro wie ein verliebtes Schwelgen, wozu auch die ganz weichen Saitenübergänge beitrugen. Faszinierende Stille breitete sich im Saal aus, als Steven Isserlis dem begeisterten Publikum am Ende noch eine feinsinnige Zugabe mit auf den Weg gab.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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