Mobilität:Vorbild Kopenhagen

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Dialog mit den Bürgern: Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl bei der Mobilitätsveranstaltung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Puchheimer diskutieren über fahrradfreundliche Kommune

Von Peter Bierl, Puchheim

Kopenhagen gilt als Fahrradhauptstadt Europas, weshalb die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AFGK) in Bayern im Mai eine Dienstreise für Bürgermeister dorthin organisierte. Der Puchheimer Rathauschef Norbert Seidl (SPD) nutzte die aktuelle Mobilitätswoche dazu, mit Teilnehmern und Bürgern über Erfahrungen aus Dänemark zu diskutieren und Möglichkeiten, diese umzusetzen. Deutlich wurde, dass es dauern kann, wenn man dem Kopenhagener Beispiel folgen will.

Eingeladen zu dem Podiumsgespräch am Donnerstag in der Alten Schule in Puchheim-Ort waren Aurel Zimmermann von der Green City GmbH, die die AGFK unterstützt, Heinrich Moser vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), die Gräfelfinger Bürgermeisterin Uta Wüst (IGG) sowie Udo Schiemann, Leiter des Tiefbauamtes der Stadt. Er war zwar nicht in Kopenhagen dabei, berichtete aber aus Amsterdam, einer weiteren Muster-Fahrradstadt, wohin er während der Stadtradl-Wochen mit Zug und Rad gereist war.

Alle berichteten übereinstimmend, wie locker Dänen und Holländer drauf seien. Die wenigsten würden einen Helm tragen oder schicke und teure Gefährte fahren. Die Hauptmotivation in Kopenhagen sei auch nicht der Umweltschutz, sondern weil Radeln eine praktische und bequeme Fortbewegungsart sei, berichtete Zimmermann. Die Radwege sind zwei Meter breit und baulich abgegrenzt von Autostraßen. Es gibt eigene Parkhäuser, und das Gesamtnetz ist 170 Kilometer lang. Allerdings sei das Netz über Jahrzehnte hinweg aufgebaut worden. In Amsterdam habe die Verkehrswende schon in den Sechzigerjahren begonnen, als Bürger gegen eine autozentrierte Politik protestierten, berichtete Zimmermann.

Die Gräfelfinger Bürgermeisterin betonte den Spaßfaktor und riet zu schnellen Maßnahmen. So habe man am Bahnhof kurzerhand zwei Parkplätze für Autos umgewandelt in 30 Stellplätze für Räder. Problematisch sei, wenn Wege nachts nicht beleuchtet durch einsames Gebiet führen, dann fühlten sich Radler unsicher. Ganz wichtig sei die Infrastruktur. "Sie leitet das Verhalten", sagte Moser. Deshalb sollten Stellplatzsatzungen überarbeitet und die Räder berücksichtigt werden. In Innsbruck existierten auch Häuser, wo die Radler direkt reinfahren und dort parken können. Ein Zuhörer mahnte eine Obergrenze von Tempo 30 auf Puchheimer Straßen an, um das Sicherheitsgefühl zu verstärken.

Im zweiten Teil des Abends prämierten die Experten unter dem Motto "Bares für Räder" Vorschläge mit Talern aus fair gehandelter Schokolade. Die meisten Süßigkeiten heimste Stadtrat Manfred Sengl (Grüne) ein, der eine Mobilitätsdrehscheibe am Bahnhof vorschlug samt Parkhaus, das zugleich als Pfeiler für eine Brücke für einen Radschnellweg von Bruck nach München dienen soll. Britta Schneider warb für den vollständigen Verzicht auf das Auto. Ihre sechsköpfige Familie sei immer mit dem Rad unterwegs, für Transporte diene ein Lastenrad. Sie führte ökonomische Gründe an: "Statt Autos haben wir uns ein Haus geleistet." Stadtrat Reinhold Koch (UBP) warb für das Konzept seiner Fraktion, das vorsieht, die zentrale Lochhauser und Allinger Straße auf Radwegen zu umgehen und auf Stichwegen ins Zentrum zu fahren. "Solche Umwege sind nichts", entgegnete Zimmermann.

© SZ vom 21.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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