Mitten in Olching:Teichmanns innerer Nietzsche

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Unter Zarathustra macht er es nicht. Der FDP-Stadtrat gebraucht große Worte für ein kleines Nein

Kolumne Von Julia Bergmann

Die Feder, sagt man, ist mächtiger als das Schwert. Und so darf es nicht überraschen, dass Lokalpolitiker mit Passagen bedeutsamer Schriften bewaffnet in den Kampf, respektive die Stadtratssitzung ziehen. So geschehen ist das während der Haushaltsreden in Olching, als zuerst Ingrid Jaschke (Grüne) und anschließend Andreas Teichmann (FDP) angekündigten, gegen das Zahlenwerk zu stimmen. Jaschke argumentierte mit Rachel Carsons "Der stumme Frühling". Sie mahnte, dass eines Tages auch in Olching das jährliche Wiedererwachen der Natur, wenn überhaupt, sang- und klanglos vonstatten gehen werde. Geschuldet sei das dem voranschreitenden Insektensterben, das von der Olchinger Mückenbekämpfung und den dafür vorgesehenen Mitteln befeuert werde. Eines ganz anderen Kalibers bediente sich Teichmann. Keinen geringeren als Nietzsche hatte er sich zum Instrument erkoren, gegen das Zahlenwerk zu wettern. Seine Rede eröffnete er mit einem langen Zitat aus "Also sprach Zarathustra". "Vom neuen Götzen", donnerte es durch den Sitzungssaal. "Staat heißt das kälteste aller Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: Ich der Staat bin das Volk. Lüge ist's (...)", wetterte Teichmanns innerer Nietzsche weiter und weiter. Bis der FDP-Mann seine eigene Worte fand und erklärte, immer mehr würde dem Staat, in jenem Fall der Stadt, abverlangt, und irgendwo müsse es doch Grenzen geben, weswegen er den Haushalt ablehne. Alfred Münch (SPD) indes kam ohne Schriftvorlage aus, als er Teichmanns Waffen-, respektive Wortwahl als wenig intelligent bezeichnete und ihm nicht nur soziale Kälte, sondern auch ein fragwürdiges Weltbild vorwarf. Bis Bürgermeister Andreas Magg (SPD) das sinnbildliche Schwert ergriff und, ebenfalls mit eigenen Worten, zum Gegenschlag ausholte: War es doch die FDP, die vor nicht langer Zeit von der Stadt forderte, mehr für den Breitbandausbau zu tun. "Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen", sagte Magg. Und bewies, dass fremde Worte als Waffe allein nicht reichen, eine Schlacht zu gewinnen.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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