Mitten in Gröbenzell:Stellenangebot im Kinosaal

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Im Werbeblock vor dem neuen Eberhofer-Krimi sucht die Gemeinde nach einer Erzieherin. Das gibt schon vor dem Film Rätsel auf

Kolumne von Erich C. Setzwein

Es darf gelacht werden, haben Freunde berichtet. Und Kollegen haben sich vor Lachen angeblich schon gekringelt. Nur häppchenweise wird erzählt, was man sich selbst anschauen müsse. Von der Mooshammer Liesl, hahaha. Und weiter kommen sie schon nicht mehr. Ja nichts spoilern, sagt ein anderer in der Runde, aber es ist eh schon egal, der Name der Liesl, die ruacherte Amsel, hahaha, ist schon gefallen. Die Vorfreude wächst also auf den neuen Eberhofer-Krimi, als Zeitungsleser weiß man ja auch schon ein wenig, vor allem aber, dass die Hauptdarsteller Sebastian Bezzel und Simon Schwarz - Eberhofer und Birkenberger - hunderttausend Mal auf Selfies zu sehen sind, dass der Trailer und Filmschnipsel ständig bei Instagram den Bilderfluss unterbrechen und dass die Mooshammer Liesl in Wahrheit die berühmte Eva Mattes ist, für die der SZ-Kritiker so schwärmt.

Der Kinobesuch ist also terminiert, die Karten reserviert, die Plätze sicher. Alle Konzentration auf diesen "Leberkäsjunkie", also kein Popcorn - weder süß noch salzig - und auch kein Eiskonfekt - "gibt's auch hier im Kino" - dürfen ablenken. Die Werbung ist kurz - kein Marlboro-Mann in der untergehenden Sonne - und sehr regional. Und kurz bevor das Eberhofer-Birkenberger-Drama loslegt, schiebt sich eine Stellenanzeige der Gemeinde Gröbenzell ins Blickfeld. Wer auch immer in Gröbenzell die professionelle Kindererziehung übernehmen möchte, er oder sie sitzt nicht in diesem Kino!!! Es warten Menschen in ihren bequemen Sitzreihen, die entweder schon länger keine Windel mehr gewechselt bekommen haben oder solche, die vielleicht bald wieder eine tragen müssen. Ewigkeiten später ist der Spot der Gemeinde zu Ende, und beim ein oder anderen Zuschauer ist der Spannungsfaden fast gerissen. Was will dem Gröbenzeller Publikum dieser Werbestreifen sagen? Warum wird nach Personal in einer Region gesucht, in der es partout keine Fachkräfte mehr gibt. Es kann nur eine Erklärung geben: Der Gröbenzellspot ist Teil eines genialen Werbekonzepts, das ihn zusammen mit dem Eberhofer-Krimi deutschlandweit vermarktet: Wer den Bezzel, den Schwarz, die Mattes und den Zimmerschied versteht, versteht auch die Gröbenzeller. Alles andere kann man lernen.

© SZ vom 16.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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