Mitten in Gröbenzell:Der knackigen Muse zur Ehre

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Warum eine Bücherei den Tag des deutschen Apfels feiert

Kolumne von Florian J. Haamann

Was wäre die deutsche Literatur nur ohne ihn gewesen? Es gäbe heute weder "Die Räuber" noch "Wilhelm Tell" oder gar "Das Lied von der Glocke". Gemeint ist natürlich - der Apfel. Denn er war es - oder viel mehr seine Ausdünstungen im faulenden Zustand -, der Friedrich Schiller zu seinen Werken inspiriert hat. Ohne den Geruch, der manchen Besucher der Überlieferung nach beinahe hat in Ohnmacht fallen lassen, konnte der Meister nicht arbeiten. Und so war Schiller, nach mehr als 200 Jahren muss man es mal so nüchtern festhalten, am Ende eben nicht mehr als ein Werkzeug des mal roten, mal grünen und doch immer prallen und leckeren Genies Apfel. Doch weil die Geschichte immer die verehrt, die sich in den Mittelpunkt drängen, finden sich heute allerorten zwar Denkmäler für den genialen Friedrich, aber doch kaum welche für seine knackige Muse. Ein Zustand, der der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisation Obst und Gemüse e.V., um im botanischen Jargon zu bleiben, wohl schon lange ein Dorn im Auge war.

Um dem Apfel den Ruhm zukommen zu lassen, den er verdient, hat man dort 2010 den 11. Januar zum "Tag des Deutschen Apfels" proklamiert. Immerhin ist es nicht nur für die deutsche Kultur bedeutend, sondern auch beim deutschen Volk beliebt: Kein Obst wird hierzulande freudiger konsumiert, im Schnitt verzehrt jeder Deutsche etwa 60 Äpfel im Jahr, das sind stolze neun Kilo. Dem Lob dieses Universalobsts schließt sich nun auch die Gemeinde Gröbenzell an. Und weil der Gröbenzeller an sich ja bekanntlich kulturbeflissener ist als der Durchschnittslandkreisbewohner und der Bundesbürger sowieso, feiert man den Apfeltag dort nicht so wie im Rest der Republik. Denn außerhalb werden ganz profan an den Bahnhöfen Äpfel an Reisende verteilt. In Gröbenzell dagegen besinnt man sich der kulturhistorischen Bedeutung des Obstes und verteilt es dort, wo es eigentlich hingehört: in der Bücherei. Dort gib es dann am Freitag für jeden Besucher einen Apfel. Aber nicht nur das. Zudem erwartet die Gäste auch eine eigene Ausstellung zum Thema.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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