Mitten in Grafrath:Wo Milch und Schokolade fließen

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Glaubt man den Botschaften aus der Ampergemeinde, herrschen dort biblische Zustände

Kolumne von Florian J. Haamann

Rund um die Ostertage herrscht in den Pfarrbüros und -ämtern erwartungsgemäß emsige Betriebsamkeit. Gottesdienste müssen vorbereitet, Konzerte organisiert werden. So weit, so offensichtlich. Doch es gibt noch eine wichtige Aufgabe, die unbedingt erledigt werden muss, sonst bringt alles andere nichts: die Öffentlichkeitsarbeit. Oder wie es schon in der Apostelgeschichte geschrieben steht: "die frohe Botschaft von Christus Jesus zu verkünden". Denn was helfen die tollsten Musiker, modernsten Predigten und sonstigen kreativen Ideen, wenn niemand etwas davon mitbekommt? Und so versteckt der Osterhase vor und nach den Feiertagen stets einen Korb prall voll mit bunten Pressemitteilungen in den E-Mail Postfächer der Redaktionen des Landkreises. Und in einigen davon versteckt sich dann auch eine lustige Überraschung.

So lässt schon der Betreff einer Mail aus dem Pfarramt Grafrath aufmerken: "Schokoladenmeditation". Der Text beginnt dann auch für ein Pfarrbrief eher ungewöhnlich: "Immer wieder taucht in unserer Gemeinde und in unserem Dekanat das Thema Schokolade auf." Was zur - Vergebung - Hölle, ist denn da los, im äußersten Südosten des Landkreises? Ist in der Geschichtsschreibung irgendwas falsch übersetzt worden? Liegt Kanaan, das Land in dem Milch und Honig, und wahrscheinlich Schokolade, fließen, doch nicht zwischen Mittelmeer und Jordan sondern zwischen Amper und Ammersee? Es muss wohl so sein. Denn während andernorts Yoga in zwar entspannenden, aber doch eher lustfeindlichen Varianten praktiziert wird, empfiehlt das Grafrather Pfarramt, quasi als Lautsprecher des Herrn, in seinem nachösterlichen Rundschreiben eine Schokoladenmeditation. Die Anleitung dazu liest sich wie der zartbittere Traum eines jeden PR-Mitarbeits. "Höre, wie das Papier knistert, die Folie raschelt", "Brich behutsam ein Stück der Schokoladentafel ab", "Lege Dir das Stück auf die Zunge und lass es dort. Spüre, wie es schmilzt", "Wiederhole die Übung mit dem nächsten Stück". Öffentlichkeitsarbeit, so viel ist klar, kann man in Grafrath.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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