Mitten in Fürstenfeldbruck:Verzögern und verhindern

Lesezeit: 1 min

Ein Anruf im Vorzimmer oder eine E-Mail können durchaus ihre Tücken haben

Von Erich C. Setzwein

Schon jeder Praktikant bei einer Zeitung lernt, dass es nicht damit getan ist, einfach eine Behauptung ungeprüft ins Blatt zu bringen. Es ist die Recherche, das Gegenüberstellen von Meinungen und Aussagen, das ein journalistisches Produkt ausmacht. Dabei war und ist es nicht immer leicht, an Informationen zu kommen. Ja, es wird einem sogar richtig schwer gemacht. Nicht umsonst werden manche Leiter von Öffentlichkeitsabteilungen in Firmen und Behörden in der Branche sogar als "Presseverhinderungssprecher" bezeichnet. So als ob es schändlich wäre, sich Fragen stellen zu lassen und Antworten darauf zu geben. Manchmal aber scheitern Redakteure, junge wie alte, schon an einer Sekretärin.

Es heißt immer "Vorzimmer der Macht", wenn von Assistentinnen und Assistenten auf Geschäftsführungsebene oder in Ministerien die Rede ist. Dabei stimmt das gar nicht. Die Macht sitzt im Vorzimmer. Neulich war es zum Beispiel nötig, den Geschäftsführer eines international tätigen Betriebs in einer großen Gemeinde im Landkreis zu befragen. Doch schon in seinem Vorzimmer zeigte sich, wer eigentlich in dem Unternehmen das Sagen hat. Er sei doch erst zwei Monate da, sagte die weibliche Stimme sehr bestimmt, da könne er sich noch nicht zu den gestellten Fragen äußern.

Eingerissen ist auch die "Anfrage per E-Mail". Pressestellen wollen nicht am Telefon kommunizieren, sondern Fragen schriftlich gestellt bekommen. Das Unternehmen kann sich einerseits sicher sein, keine nervigen Nachfragen im persönlichen Gespräch zu bekommen, andererseits aber auf die Faulheit von Redaktionen hoffen, die die schriftlichen Antworten mit Paste und Copy in die Artikel einfließen zu lassen. Gar nichts anzufangen ist dagegen mit Antworten, die ein Mailsystem auf eine Anfrage hin generiert. Auf die elektronisch gestellte Frage nach einem Gesprächsführer über die aktuelle Wirtschaftslage kam aus einem Hochtechnologieunternehmen postwendend zurück: "Wir bestätigen den Eingang Ihrer Bewerbung und freuen uns über Ihr Interesse an unserem Unternehmen. Die Prüfung der eingegangenen Zuschriften nimmt nun einige Zeit in Anspruch. Wir bitten Sie daher um etwas Geduld."

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: