Mitten in Fürstenfeldbruck:(m/w/d) im Stadtrat

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Heißt es Indianerin oder Squaw? Von den Schwierigkeiten des korrekten Genderns

Kolumne von Stefan Salger

Manchmal haben es gerade Politiker nicht leicht. Schließlich geht es auch um ihre Wähler und Wählerinnen oder WählerInnen oder Wähler*innen. Wer heutzutage beim Gendern nicht voll auf der Höhe ist und beim Setzen des Sternchens schludert, dem könnte später in der Wahlkabine das Kreuzchen abhanden kommen. Bei Behörden ist man bereits sehr korrekt. Stellenausschreibungen richten sich ausdrücklich an Menschen, die sich als Frau, als Mann oder als keine(r) von beiden fühlen (was - und das ganz im Ernst - zweifellos sehr zu begrüßen ist). So beschäftigt sich der Brucker Stadtrat jüngst mit der "Benennung eines Verbandsrates (m/w/d) und seines Stellvertreters (m/w/d)" für die Zweckverbandsversammlung der Sparkasse. Klaus Wollenberg kommt etwas später am Dienstagabend ohne böse Absicht vom manchmal sehr schmalen Gender-Pfad ab. Es geht um den Antragsstau in der Verwaltung. Er möchte deren Mitarbeiter gegen wohlfeile Kritik in Schutz nehmen und sagen, dass ein paar seiner Kollegen da fast so was aufziehen wie ein Cowboy-und-Indianer-Spiel. Und was rutscht dem erfahrenen FDP-Politiker heraus? Zum einen weist er den Verwaltungsmitarbeitern vorn in seiner Metapher die Rolle der "Cowboys" zu - und verschweigt damit doch glatt die Cowgirls. Zum anderen wendet er sich an seine Kollegen, denen er in diesem Bild die Rollen der "Indianer und Indianerinnen" zuweist.

Das war nach bestem Wissen und Gewissen gegendert, wirft gleichwohl aber die Frage auf: Was ist die weibliche Form von Indianer? Man schlägt also nach - nicht im Duden, sondern natürlich bei Karl May/Winnetou Teil eins. Da taucht Nscho-tschi auf, eine Apachin, Tochter Intschu Tschunas und Schwester des großen Häuptlings und Old-Shatterhand-Freundes. Bezeichnet May - ein Kind seiner Zeit - sie nicht als Squaw? Klingt heute fast despektierlich und nicht mehr zeitgemäß. Aber viel wichtiger: Darf man den Begriff Indianer überhaupt noch verwenden? Wir wissen es nicht. Duden und Karl May hätten nichts dagegen. Aber mit einer anderen Anrede wäre man halbwegs auf der sicheren Seite: "Personen mit indigenen Wurzeln (m/w/d)."

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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