Mitten in Fürstenfeldbruck:Erfrischender Stadtrat

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Für Stadträte und Zuhörer gibt es im Brucker Rathaus Wasser und Softdrinks. Doch die Getränke sind in die Diskussion gekommen

Von stefan salger

Mag im Wein die Wahrheit liegen und der vergorene Traubensaft im Brucker Rathaus gefühlt hektoliterweise bei jeder abendlichen Sitzung in reinster Form eingeschenkt werden, so müssen sich durstige Stadträte im entbehrungsreichen Alltag doch an Alkoholfreies halten: Ein namhafter Sponsor, der an der Industriestraße eine Niederlassung unterhält und dessen zwei gekoppelte Namen jeweils mit einem C beginnen, sponsert Tafelwasser in grünen und braune Zuckerbrause in glasklaren Flaschen. Letztens im Stadtrat hebt ein Stadtrat der Grünen unterm Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" zu eine Philippika an. Dabei geht es nicht um eine Brandrede gegen König Philipp von Makedonien, der Athen bedroht. Es geht darum, dass die Zuschauer bei einer Marathonsitzung schon einen rechten Brand bekommen und von Austrocknung bedroht sein können. Könne man den Zuschauern, so Cicero Halbauer, der mit dem Rücken zu den Zuschauerrängen sitzt, nicht in einem Akt der Bürgernähe auch den Zugang zu den gesponserten Freigetränken ermöglichen? Er möge sich doch mal umdrehen, rät ihm ein Kollege dezent. Und wirklich, mitten zwischen den Zuschauern steht - ein Wasserkasten. Na so was! Geordneter Rückzug! Letztens bei der Sitzung habe es das noch nicht gegeben, verteidigt sich Halbauer. "Kein Wunder", erwidert ihm Jens Streifeneder von der BBV lapidar, "da war ja auch kein einziger Zuschauer da".

Axel Lämmle von der SPD blickt derweil nicht zu tief in die Flasche, sondern in einem Anflug investigativer Recherche aufs Etikett. Und welcher Ort der Abfüllung ist da bitte schön drauf vermerkt? Fürstenfeldbruck? Mitnichten! Berlin! Skandal! War da nicht was mit Fair-Trade-Stadt, mit regionaler Produktion, kurzen Wegen? Sprudelwasser, das quer durch die Republik gekarrt wird, von der Bundeshauptstadt in die Hauptstadt der Herzen? Auf Vorschlag von Markus Droth (CSU) will sich Zweiter Bürgermeister Erich Raff erkundigen, ob vielleicht eine örtliche Brauerei einspringen will. Nachdem der Ruf von Wein, Brause und Wasser ziemlich gelitten hat, könnten die Politiker die Gelegenheit für eine elegante Reform nutzen und im Sitzungssaal ordentliches Bier ausschenken. Dann würde künftig die Debatte der zwölf Tagesordnungspunkte vor Erreichen des Punkts "Verschiedenes" gewiss beschwingter verlaufen.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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