Mitten in Fürstenfeldbruck:Digitalmarkt der Eitelkeiten

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Von Facebook bisher verweigert, von vielen Nutzern gewünscht: Ein Dislike-Button würde auch in den lokalen Debatten wohl oft zum Einsatz kommen. (Foto: dpa)

In den Internet-Foren hält keiner mit seiner Meinung zurück. Und das kann schnell zur Bildung von immer neuen Ortsgruppen führen

Von Florian J. Haamann

Man hätte es schon ahnen können, damals vor etwa 2600 Jahren, als man in Rom das Forum Romanum anlegte. Denn bevor der Platz zum Zentrum des öffentlichen, politischen und sozialen Leben wurde, war die Fläche ein großer Sumpf. Der ideale Nährboden für all die menschlichen Abgründe und Sümpfe, die im Laufe der Geschichte quasi zur dunklen, immer präsenten Seite eines jeden Forums geworden sind - bis heute. Zwar versammeln sich die Bürger kaum noch auf Foren in der realen Welt. Umso eifriger tummeln sie sich dafür dort, wo es Raum für alles und jeden gibt: im Internet. Ja, das Forum Romanum der Neuzeit heißt Facebook, und genau wie bei dem analogen Vorbild gibt es dort viele Nischen, in denen sich spezielle Gruppen sammeln. Quasi für jede größere Kommune des Landkreises gibt es mindestens eine Gruppe, in der sich die Einwohner austauschen. Über verlorene Haustiere, unfähige Politiker, die besten Ärzte.

Es gibt offene Gruppen und Gruppen, bei denen ein Administrator den Türhüter spielt. Und wie eben im alten Rom, so fühlt sich auch so mancher Administrator ab und an wie ein Alleinherrscher - zumindest aus Sicht derer, die anderer Meinung sind. Es geht dann oft munter hin und her, aus politischen Debatten werden persönliche. Man schimpft, ermahnt, sperrt - ein Jahrmarkt der Eitelkeiten im digitalen Raum. Besonders hoch her ging es in den vergangenen Wochen in einer geschlossenen Gruppe zur Brucker Stadtpolitik. Der grüne Stadtrat Jan Halbauer testete dort mit stark zugespitzten Kommentaren die Toleranz der Gruppe, die sonst großen Wert auf Meinungsfreiheit legt, vor allem am patriotischen und fremdenkritischen Rand. Weil Halbauers Meinung, die teilweise auch zu persönlichen Attacken führte, Administrator Thomas Lutzeier und auch anderen Nutzern nicht passten, gab es ein Ausschlussverfahren gegen Halbauer - das allerdings scheiterte. Dennoch zog sich der Grüne kurz darauf zurück und gründete eine eigene Gruppe, mit Verweis auf den in seinen Augen willkürlich agierenden Alleinadministrator. Eine Meinung, mit der er nicht alleine da steht - zumindest in den Augen derer, die ihm in die neue Gruppe gefolgt sind. Und so ist in beiden Foren Ruhe eingekehrt - vorläufig zumindest.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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