Mittelstetten:Salven und Kanonenschläge

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Eine in jedem Sinne krachende Vorstellung geben die Tegernbacher Böllerschützen bei ihrer Premiere. Sie beleben damit in dem kleinen Ort einen uralten bayerischen Brauch. Es soll ihr Beitrag für eine lebendige Dorfgemeinschaft sein. (Foto: Günther Reger)

Die neue Böllerschützen-Abteilung des Tegernbacher Schützenvereins feiert ein lautstarkes Gründungsfest. Mehr als 100 Teilnehmer tragen zu einem gewaltigen gemeinschaftlichen Schießen bei

Von Manfred Amann, Mittelstetten

Lautstark mit Salven, Reihenschießen, Kanonenschlägen und einem großen Festzug hat die neue Böllerschützenabteilung des Schützenvereins Burgfrieden am Sonntag in Tegernbach (Mittelstetten) ihre Gründung gefeiert. Höhepunkt des Festes in dem etwa 320-Seelen-Dorf war ein großes gemeinschaftliches Schießen mit über hundert Böllerschützen und drei Kanonen, bei dem Böllermeister Markus Foigtmannsberger von einer Hebebühne herunter die Kommandos gab.

Auf einer Hangwiese außerhalb des Dorfes hatten sich die Böllerschützen, die überwiegend aus der Region kamen, im offenen Gelände aufgestellt, um verschiedene Schussfolgen zu demonstrieren. Mit dabei eine Böllerschützengruppe aus Frankfurt am Main, die über die Schützenzeitung von der Gründung erfahren hatte. Nach einer "krachenden Vorstellung" der 15 beteiligten Vereine, voran die Tegernbacher Böllerschützen, wurde ein schnelles Reihenfeuer geschossen. Es folgten Gruppenfeuer, bei dem Hand- und Schaftböller, Standböller und Kanonen in Gruppen ballerten. Danach erschütterten Doppelschläge, gegenläufiges Reihenfeuer, Reißverschluss- und Salutschießen das Tal.

Am lautesten war dabei sicherlich die Kanone, die als "Eigenbau" nach einem Originalplan einer königlich bayerischen Infanterielafette aus dem Jahre 1838 quasi Premiere hatte. In drei Werkstätten, in der Wagnerei von Xaver Loser, in der Schmiede von Thomas Kernle (beide Tegernbach) und bei Maschinenbau Konrad Hermann in Dirlesried (Egenhofen) sei die Kanone in vielen Stunden in Handarbeit gebaut worden, so Foigtmannsberger, der zusammen mit Stefan von Vogt die Gründung wesentlich vorangetrieben hatte.

Den Anstoß, eine Böller-Abteilung ins Leben zu rufen, hatte das große Schützentreffen gegeben, mit dem auf Schloss Kaltenberg im Jahre 2016 der Erlass des Bayerischen Reinheitsgebotes vor 500 Jahren gefeiert worden war. "Wir waren von den Böllern und Kanonen, die dort mitwirkten, so beeindruckt, dass wir kurzerhand beschlossen, den Schützenverein Burgfrieden entsprechend zu erweitern", erinnert sich der Böllermeister. Die Absicht sei auch gleich auf der Rückseite der Speisekarte festgehalten und von 15 Schützen unterzeichnet worden. Und weil Prinz Luitpold von Bayern zufällig vorbeigekommen sei, habe er diesen auch gleich als "Schirmherrn" für das Vorhaben gewonnen. "Ich habe die Aufgabe gerne übernommen, denn es ist wichtig, dass Vereine Aktivitäten entwickeln und so für lebendige Dorfgemeinschaften sorgen", sagte der Wittelsbacher im Gespräch mit der SZ. Besonders erfreulich sei, dass ein altes Brauchtum belebt wird.

Ob das Böllerschießen in der Region wirklich eine Tradition hat, darüber sind sich allerdings die Volkskundler nicht Mal einig. Sicher sei, dass schon vor Erfindung des Schwarzpulvers mit Lärm versucht worden sei, den Winter auszutreiben oder böse Geister fernzuhalten und dass das Schießen mit Böllern ursprünglich eine Art Ehrerweisung für gefallene Soldaten gewesen sei, wusste ein Schütze. Heute werde hauptsächlich zu kirchlichen und weltlichen Anlässen "geböllert". Ein Zuschauer merkte zudem an, dass in der Chronik von Fürstenfeldbruck von Jakob Groß aus dem Jahre 1877 festgehalten sei, dass schon im 15. Jahrhundert bei Fronleichnamsprozessionen Böller-Salven geschossen worden seien.

Das Gründungsfest in Tegernau hatte mit einem Gottesdienst begonnen. Nach dem Mittagessen im der Festhalle schlossen sich etwa 30 Vereine dem Festzug durch das Dorf an, der von drei Musikkapellen begleitet wurde. Gut doppelt so viele Zuschauer wie Tegernbach Einwohner zählt, säumten dann die Straßen, als Prinz Luitpold von Bayern auf einem Festwagen neben Pfarrer Michael Würth, der Bundespolitikerin Katrin Staffler, dem Landtagskandidaten Benjamin Miskowitsch, Bezirksrätin Gabi Off-Nesselhauf (beide CSU) und Vertretern vom Bayerischen Schützenverband vorbeikam.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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