Mittelstetten:Eine Scherbe namens Tacitus

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Römisches Schmuckstück: Zu den Funden gehört eine Scheibenfibel in Form einer Rosette. (Foto: Matthias F. Döring)

Der Verein Dorfbelebung zeigt Funde aus der Römerzeit

Von Manfred Amann, Mittelstetten

Durch Boden- oder Lesefunde lässt sich belegen, dass einst Römer im Bereich der heutigen Gemeinde Mittelstetten lebten. Angeregt durch die Ausstellung Bodenschätze des Historischen Vereins für Fürstenfeldbruck und den Landkreis (HVF) im Vorjahr bot der Verein Dorfbelebung Mittelstetten unter Leitung von Magda Schebesta im Gasthof zur Post eine vielseitige und beeindruckende Ausstellung über solche Funde. Zudem führte Kunstschmied Thomas Kerle Interessierte zu der Stelle bei Tegernbach, wo er etliche Relikte aus der Römerzeit entdeckt hatte.

Die Römer herrschten etwa 470 Jahre über das Voralpenland bis zur Donau. Neben Legionslagern, Kastellen, dem Limes und Beobachtungstürmen errichteten sie auch zahlreiche "Villae rusticae". Bei den Dörfern Tegernbach und Oberdorf, die heute zur Gemeinde Mittelstetten, gehören, befand sich einst je ein solcher ländlicher Gutshof. Diese Anwesen waren meist Alterssitze von aus dem Militärdienst ausgeschiedenen Veteranen, die innerhalb der ländlichen Infrastruktur Versorgungsaufgaben für die römische Armee übernahmen. Ex-Kreisheimatpfleger Toni Drexler hatte dort ebenfalls "auf frisch geackerten Feldern" und auch beim Ortsteil Vogach etliche Fund gemacht, die man zur genaueren Betrachtung auch in die Hand nehmen konnte.

Zusätzlich erläuterten Drexler und Kerle die schönsten Funde anhand von Fotoprojektionen. Darunter befanden sich ein Messer-Wetzstein, ein Mahlstein für Getreide, Dachziegeln, die in der Gegend angefertigt worden waren, sowie Scherben von Tongefäßen. Auf einer Scherbe war die Einritzung eines Namens zu erkennen aber nicht mehr zu lesen. Die Abwitterung habe den Namen verschwinden lassen, weil das Gefäß nicht optimal gebrannt worden sei, glaubt Drexler. "Vermutlich wurde eine Engobe von minderer Qualität (Begussmasse, die zur Einfärbung oder Beschichtung keramischer Produkte dient) verwendet". Dass eine gute Brennung nicht so leicht verwittert, fand man durch Fragmente eines Terra-Silligata-Fundes bei Oberdorf bestätigt. Auf einer Scherbe ist der Abdruck eines "Stempels" mit der Inschrift "O Frontini" zu sehen, wobei das O eine Abkürzung für "Officina" (Werkstatt) ist. Damit ist für Historiker klar, dass das Gefäß in der Werkstatt des Frontinius in Südgallien hergestellt wurde. Laut Drexler ist dies ein Beleg dafür, dass die Römer einen regen Handel betrieben. Kerle zeigte auch Scherben von Gefäßen aus Formglas. In einem ist der Name "Tacitus" eingelassen. Auf die Frage einer Besucherin, ob das Glas auch wirklich aus der Römerzeit stamme, "weil es aussieht wie von heute", sagte er, dass man das Alter anhand des Glasmaterials bestimme könne.

Den "Star der Ausstellung" hatte der Leiter der archäologischen Abteilung im HVF, Fritz Aneder, aus dem Stadtmuseum mitgebracht, eine versilberte oder verzinnte "Knochenfiebel oder -brosche" in Form einer Rosette. "Das ist höchste Kunst, so filigran und schön", schwärmte eine Besucherin und ließ sich von Roswitha Spohd aus Fürstenfeldbruck Details zur Machart erklären. Spohd hatte das Schmuckstück bei Oberdorf entdeckt und damit den Hinweis geliefert, dass sich dort eine Villa rustica befunden haben könnte.

Magda Schebesta freute sich über die vielen Besucher, die sich intensiv über die gelungene Ausstellung unterhielten. Seit 2014 ist die 70-Jährige die Vorsitzende des 2007 gegründeten Vereins. Aus privaten Gründen will sie das Ehrenamt nun aufgeben. Sorgen bereitet ihr der Nachwuchs. Der Verein hat momentan 33 Mitglieder in meist höherem Alter.

© SZ vom 17.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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