Mein Tag:Blasen pflastern beim Kirchentag

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Rettungssanitäter Simon Hege fährt mit Johannitern nach Berlin

Von Erich C. Setzwein

Es sind fünf Tage im Leben von Simon Hege (, in denen er von Berlin nicht recht viel sehen dürfte. Er wird Menschen helfen, die sich während des ökumenischen Kirchentages die Füße wund gelaufen haben. Blasen kommen oft vor. Kleinere Schnittwunden auch. Pflaster drauf, ein tröstendes Wort oder einen lustigen Spruch - und weiter geht's. Patienten mit Schnitten hat er als Schulsanitäter am Graf-Rasso-Gymnasium auch schon gehabt. Und eine Ohnmacht, bei der er als Ersthelfer den Schüler in die stabile Seitenlage gebracht hat, bis professionelle Hilfe eintraf. So was könne auch in Berlin passieren, sagt der 19-Jährige aus Fürstenfeldbruck, der zusammen mit 100 Mitgliedern der Johanniter Unfallhilfe aus ganz Bayern Sanitätsdienst auf dem Berliner Messegelände leisten wird.

Simon Hege nimmt sich wie alle anderen auch fünf Tage frei. Als Maschinenbaustudent im zweiten Semester fällt ihm das offenbar leicht. Ohnehin hat er nicht vor, diesen Studiengang fortzuführen. Seit der siebten Klasse im Gymnasium hat er mit Medizin im weitesten Sinne zu tun, hat als Schulsanitäter in 40-stündiger Ausbildung der Johanniter schon viel gelernt über Kollapse und Knochenbrüche, hat sein Wissen im Kurs zum Rettungssanitäter in weiteren insgesamt 520 Stunden erweitert und will er nun ein Medizinstudium beginnen.

In manchen Wochen sind es zehn Stunden in der Bereitschaft Puchheim, in anderen auch mal 80 Einsatzstunden. Für Hege, der sich nebenher auch im Vorstand des Jugendcafés Brucklyn engagiert, ist der ökumenische Kirchentag im Lutherjahr nicht der erste Großeinsatz. Er war schon beim Chiemsee-Summerfestival als Sanitäter dabei und vor zwei Jahren mit den Johannitern beim Berlin-Marathon. Das sind für ihn die geplanten Ereignisse, auf die er sich einstellen, ja auch freuen kann. Er wird in Berlin mit anderen Mitglieder der "Johanniter-Familie" zusammentreffen, und, wenn es genügend Freizeit gibt, auch ein wenig die Hauptstadt unsicher machen. Im Helferzelt auf dem Messegelände müssen jeden Morgen alle medizinischen Geräte auf- und am Abend wieder abgebaut und verstaut werden, dazwischen kann es sein, dass er mit dem Sanitätsrucksack dort unterwegs ist, wo seine Patienten sein könnten. Simon Hege hat gelernt, dass Festivalbesuchern - und der Kirchentag ist so ein Festival - ganz plötzlich der Kreislauf zusammenbrechen kann. Dass sie zu wenig getrunken haben, dass sie zu viel unterwegs waren und dass sie zu wenige Ruhepausen gemacht haben, das erkennen die Kollabierten erst später. Wenn ihnen entweder der 19-Jährige oder einer der anderen Johanniter geholfen hat.

Zu den planbaren Ereignissen kommen die, die den Studenten plötzlich aus seinem Alltag reißen, wenn er eine SMS aus der Leitstelle bekommt. Dazu kann dann auch mal gehören, dass er die Einsätzkräfte versorgt, wenn Hochwasser herrscht. Von denen wird dann weniger ein Pflaster verlangt, als eine Brotzeit und heiße Getränke. Zwei Katastrophenübungen pro Jahr sollen ihn auf den Tag vorbereiten, der hoffentlich nie eintreten wird. Aber wenn es passiert, wird er seinen ganzen Mut und sein ganzes Wissen zusammennehmen müssen, um all das zu tun, was getan werden muss.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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