Mammendorf:Andenken an Klangerlebnisse

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Die Mammendorfer Orgel hat ausgedient, die Pfeifen sind umso begehrter

Von Valentina Finger, Mammendorf

Reinhard Metzger hat ein Problem: Nur eine Pfeife aus dem Register fehlt ihm noch, um seinen Dreiklang zu vervollständigen. Doch die passende hat sich offenbar schon ein anderer Orgelfreund gesichert, denn davon haben sich am Sonntag einige im Mammendorfer Pfarrsaal zusammengefunden. Die Orgel, die mehr als 100 Jahre in der Kirche Sankt Jakobus stand, wurde dort in ihren Einzelteilen - etwa 1200 Pfeifen und nur wenige weitere Elemente - verkauft. Zum einen geht es darum, Geld für das Nachfolge-Instrument zu sammeln, das bis Sommer nächsten Jahres ihren Platz einnehmen soll. Zum anderen sollen die Mammendorfer die Möglichkeit bekommen, ein Stück Orgel zum Andenken zu erwerben.

Auch Reinhard Metzger haben die Klänge der Orgel bei wichtigen Momenten in seinem Leben begleitet, wie bei seiner Hochzeit im Jahr 1971 oder bei der Beerdigung seiner Mutter. Wer wie Metzger in der Gemeinde Mammendorf aufgewachsen ist, kennt die Beziehung, die dadurch entsteht. Thomas Holzmüller verbindet die Orgel nicht nur mit seiner eigenen Taufe, Hochzeit, Kommunion- und Firmungsfeier, sondern auch seine Kinder haben diese Schritte in Sankt Jakobus durchlaufen. Mit seiner 20-jährigen Tochter Marina probiert Holzmüller Pfeifen aus, um diejenigen zu finden, die am besten zu ihrem Vorhaben passen: "Vielleicht werden sie reine Deko-Stücke, aber vielleicht machen wir daraus auch ein Windspiel", sagt Holzmüller.

Ähnlich handwerkliche Pläne hat Manuela König, die mit ihrer gesamten Familie, ihrem Mann und drei kleinen Kindern, zum Orgelverkauf gekommen ist. "Wir wollen aus den Pfeifen etwas für den Garten machen, vielleicht eine Art Brunnen", sagt sie. Für ihren achtjährigen Sohn Maximilian sind die Metallröhren vielmehr Abenteuerutensilien: "Mein Freund Marius und ich bauen eine Hütte und mit den Pfeifen können wir uns Signale geben." Auch Mammendorfs Altbürgermeister Johann Thurner hat sich ein paar Pfeifen gesichert. Gerade eben habe auch Bürgermeister Josef Heckl einige Teile hinausgeschleppt, sagt die Kirchenpflegerin Stefanie Becker, die Teil des Verkaufteams ist.

Unterstützt wird sie dabei unter anderem von Wolfgang Smolka. Weil Smolka, der Mitglied der Kirchenverwaltung ist, selbst nichts kaufen darf, hat er seiner Frau den Auftrag gegeben, um Punkt 11 Uhr da zu sein, um Pfeifen für ihren privaten Haushalt zu erstehen. Ein guter Rat, wenn man bedenkt, dass sich zur Verkaufseröffnung um 11 Uhr bereits eine Schlange vor dem Pfarrheim gebildet hatte. "Da hatten wir hier richtige Volksfeststimmung", sagt Smolka. Mit der Organistin Andrea Sandmeir hat er eine Wette zum Verkauf am Laufen: "Sie sagt, dass wir 10 000 Euro schaffen, ich glaube das nicht. Der Verlierer muss ein Eis bezahlen." So spaßig das klingt, geht Andrea Sandmeir auch mit einem weinenden Auge an den Orgelverkauf heran. 14 Jahre lang hat sie auf dieser Orgel gespielt, jede Pfeife kann für sie eine Geschichte erzählen: "Sie hat mehr als 100 Jahre lang Freuden- und Trauertränen, Glück und Unglück begleitet."

Was am Sonntag nicht verkauft wird, werde noch bei einem Flohmarkt und dem Pfarrfest im Sommer angeboten. Der Rest könne auch gelagert und als Geschenke verwendet werden, sagt Wolfgang Huber, der seit neuneinhalb Jahren Leiter des Pfarrverbands Mammendorf ist. Dass nicht viel übrig bleibt, ist allerdings absehbar. Auch Reinhard Metzger zieht mit sechs Pfeifen ab, zwei davon mit etwa drei Metern Länge. Das sind die größten im Sortiment. Und den fehlenden Ton für seinen Dreiklang fand er auch.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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