Die Atmosphäre ist entspannt, es wird diskutiert in der Linie 872 und viel gelacht kurz vor der Haltestelle Am Strasserwinkel. Der Grund ist eine junge Frau, die es sich mitten in der Grünfläche des Wendehammers auf einer Decke bequem gemacht hat und die Nachmittagssonne genießt. "Ihre private Insel", kommentiert Waltraut Wellenstein heiter. Die Fahrgäste im Bus zeigen sich erfreut. Nicht nur, weil nun der Beweis erbracht ist, dass es sich auch zwischen Beton und Asphalt aushalten lässt, sondern vor allem, dass man vom Bus aus auch noch Überraschungen erleben kann.
Es sind Bürgermeister und Altbürgermeister gekommen, Landratsstellvertreter, Nahverkehrsexperten aus dem Landratsamt und vom Münchner Verkehrs- und Tarifverbund, Gemeinderäte und Verwaltungsmitarbeiter aus Maisach, um am Mittwoch um 14.11 Uhr vom S-Bahnhof Maisach nach Gernlinden und zurück zu fahren. Es ist der Beginn einer neuen Mobilitätsoffensive, die der Gemeinderat im vergangenen Jahr mit der Entscheidung, Maisach und Gernlinden mit Ringbuslinien auszustatten, angestoßen hat. "Ziel war es", so Bürgermeister Hans Seidl (CSU), die Haltstellen so zu legen, dass jeder aus den Wohngebieten nur 350 bis 400 Meter zu Fuß gehen muss." Und so fährt die Buslinie 872 im Hauptort Maisach vom Bahnhof über die Aufkirchner- in die Lusstraße, erschließt Schulen, Hort und Altenheim und hat auch in der Überackerstraße und am Bauhof Haltestellen und kehrt vor dem Supermarkt "Am Strasserwinkel" um. Neun Minuten dauert diese Fahrt durch Maisach, dessen Straßen mittlerweile ziemlich zugeparkt sind.
Dort steigt der Tross samt Medienvertretern um in den wartenden Bus. Vom Strasserwinkel ab geht dann die Linie 875 nach Gernlinden. Der Bus ist angenehm gekühlt, und der Fahrer hat sich offenbar viel Mühe gegeben, dass seine Fahrgäste die Fahrt auch angenehm erleben. Sicher nicht wegen der Premierengäste in seinem Fahrzeug, sondern für alle, die sonst in sein Fahrzeug einsteigen, hängen von der Decke und unter der Klimaanlage eine ganze Menge Duftbäumchen. In Grün die mit Duft von grünem Apfel, die Roten sollen nach Kirsche riechen, und dazwischen in einem violett-schwarzen Ton die Sorte "Relax". Jetzt können sich die Mitfahrer wirklich beruhigt zurücklehnen und die neue Ringlinie durch Gernlinden in 18 Minuten Fahrzeit genießen.
Um 14.22 Uhr rollt der Bus Richtung Staatsstraße, im Kreisverkehr biegt der Fahrer in die Ganghoferstraße ab. Jetzt am Nachmittag, erklärt Hans Seidl, fahre der Bus im Uhrzeigersinn durch Gernlinden, am Vormittag fahre er gegen den Uhrzeigersinn. Das sei sinnvoll, weil dadurch die Mitarbeiter der Unternehmen im Gewerbegebiet schneller von der S-Bahn zu ihren Arbeitsplätzen kämen und nachmittags und abends schneller zurück zur Bahn. Vor allem der mit 800 Mitarbeitern größte Arbeitgeber Maisachs, die Firma TTI, profitiere von der neuen Linienführung. Neben den älteren Fahrgästen, die die neuen Linien sehr loben, steigen auch Schüler zu auf dem Weg zum Bahnhof. Auch für die Jungen ohne Führerschein werde der Bus eine Bereicherung sein, sagt Hans Seidl.
Über die Bahnbrücke geht es auf die südliche Seite von Gerlinden und über die Goethe- und Graf-Toerring-Straße zurück nach Maisach. Erschlossen werden mit beiden Linien auch die Supermärkte und Discounter sowie die öffentlichen Einrichtungen. Noch nicht realisiert ist die Haltestelle an der Aufkirchner Straße vor dem Einkaufs- und Gemeindezentrum.
Hat die Maisacher Ringbuslinie die Gemeinde bislang 145 000 Euro jährlich gekostet, so Seidl, so werden beide Ortsbusse nun etwa 350 000 Euro pro Jahr kosten.