Maisach:Mutig sein

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Die Journalistin und Moderatorin Anja Reschke (Mitte) verleiht als Patin die Auszeichnung an Maisacher Realschülerinnen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Realschüler erhalten den Preis "Schule ohne Rassismus". Mit der Auszeichnung gehen sie eine Selbstverpflichtung ein

Von Julius Nindl, Maisach

Nicht erst seit ihrem Kommentar in der Tagesschau im vergangenen Jahr, sieht Anja Reschke das rassistische Gedankengut in der Gesellschaft auflodern. Die Reaktionen auf ihren Beitrag zu den Vorfällen im sächsischen Freital fielen so erschütternd aus, dass die Moderatorin am Montag bei der Verleihung des Preises "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" den Schülern der Orlando-di-Lasso Realschule ihre Erfahrungen schildert. "Ihr müsst mutig sein", lautet der Appell der 43-jährigen, die nicht zuletzt durch das negative Echo um die Problematik des öffentliche Kundtuns weiß. Bis in das Panorama-Magazin, das Reschke moderiert, schafften es die Schüler zwar nicht, ihr Engagement ist aber trotzdem zu würdigen.

Die Mitglieder des Wahlfachs "Schule ohne Rassismus" haben sich in den vergangenen Jahren intensiv und kritisch mit dem heiklen Thematik auseinandergesetzt. Die Preisverleihung nutzen sie, um den rund 200 Besuchern einen Einblick in ihre Arbeit zu geben. Besonders der Flüchtlingsproblematik nahmen sich die Realschüler an. Im Zuge dessen besuchte sowohl ein syrischer Flüchtling ihre Schule, als auch eine Flüchtlingshelferin, die ihre Eindrücke aus der Erstaufnahme in München schilderte. Der Besuch von Vernetzungsveranstaltungen, mit dem Ziel eines interaktiven Austausches mit anderen Schulen, gehörte ebenso zum Themenbereich des Wahlfachs, wie der Vortrag des Zeitzeugen und Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer.

Einen guten Draht zu den Schülern fand auch der Neonazi-Aussteiger Felix Benneckenstein, der in zahlreichen Vorträgen, weniger die historische Komponente des Dritten Reiches beleuchtete, sondern einen anschaulichen Einblick in eine sonst verschlossene Szene gewährte. Auch zahlreiche Informationstafel zu Fluchtursachen sind am Montag in der Schule ausgestellt. Die Dokumentation des engagierten Schaffen belegt, wofür die Schüler den Preis erhalten.

Die Auszeichnung soll jedoch nicht nur die bereits geleistete Arbeit würdigen, sondern auch als Wegweiser zur Selbstverpflichtung der Schule dienen, sich auch in Zukunft mit vergleichbaren Projekten und Veranstaltungen zu engagieren. Es ist eben "kein irgendwie gearteter Toleranzpreis", wie der Ministerialbeauftragte für Realschulen, Ernst Fischer, feststellt. Er betont, wie wichtig es sei, auch im Alltag weiterhin Courage zu zeigen, gerade dann, wenn man sich auf seinen vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen gedenkt.

Der Anstoß zur Bewerbung kam im vergangen Jahr, als der Regisseur Peter Ohlendorf seinen Dokumentarfilm über die Rostocker Rechtsrockszene in der Orlando-di-Lasso-Realschule vorstellte. Ohlendorf war es, der die Schulleiterin auf die Titelverleihung aufmerksam machte. Daraufhin organisierten die Schüler Unterschriftenlisten, die von knapp 90 Prozent der Schule unterzeichnet wurden. Als dann im Postfach von Anja Reschke der Vorschlag für eine Patenschaft einging, zögerte sie nicht lange und entschied sich, dem Festakt beizuwohnen.

Die Auszeichnung in Form eines großen Logos, soll im Eingangsbereich der Schule installiert werden, so die Pläne der Schulleiterin Regina Spitzer. Rund 400 Mal wurde der Preis in Bayern bereits verliehen, mit Blick auf die 2000 Auszeichnungen in der Bundesrepublik eine beachtliche Anzahl. Sarah Bergh-Bieling, die in ihrer Funktion als Regionalkoordinatorin den Preis überreichte, fühlt sich auch nach dem Festakt den Kindern verbunden. Für Fragen und Probleme der Schüler sei sie immer offen. "Ihr könnt mich auch anrufen", so das Angebot von Bergh-Bieling.

Auch der Moderatorin Anja Reschke liegt der Nachhaltigkeitsaspekt am Herzen, ihre Patenschaft endet für sie nicht mit dem Tag der Auszeichnung, sondern sie erstreckt sich auf die folgenden Jahre, in denen Reschke der Schule als Ansprechpartnerin erhalten bleiben möchte. Die größte Waffe ist aber der menschliche Geist. Der Appell, Rassismus dadurch zu entschärfen, dass man einfach "seinen Kopf einschaltet", stößt auch bei den Realschülern auf nickende Zustimmung.

Zwar gab der Anlass der Veranstaltung Grund zur Freude, der Ernsthaftigkeit der Thematik waren sich die Schüler auch bewusst, nahezu die gesamte Zeit verweilten sie ohne Unruhe in der Aula. Zum Abschluss des Vormittags richtet Patin Anja Reschke das Wort nochmals an die Schüler: "Ihr müsst es weitergeben", lautete ihre Aufforderung an die Schüler, auch die kommenden Generationen der unteren Klassenstufen für die Thematik zu sensibilisieren.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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