Maisach:Jeder Zentimeter zählt

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Das Gericht macht sich in Gernlinden selbst einen Eindruck von der Wohnumgebung. (Foto: Günther Reger)

Verwaltungsgericht entscheidet über Gaubenbreite in Maisach

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Die Preise sind hoch, die Angebote gering und der Bedarf ist hoch: Investoren wie Privatleute schöpfen alle Möglichkeiten aus, um Wohnraum zu schaffen oder ihre Wohnungen zu vergrößern. Dachgauben sind da ein beliebtes Mittel, um die Zimmer unter der Dachschräge etwas zu erweitern. So wird nicht nur Platz geschaffen, sondern es kommt auch ein "normales" anstelle eines Dachfensters. Im Maisacher Ortsteil Gernlinden hat eine Familie bereits vor vier Jahren den Antrag auf zwei Gauben gestellt. Doch das Landratsamt will die Bauten nicht, zumindest nicht in dieser Größe: die Gauben sollen vier Meter breit werden - bei einer Hausbreite von sieben Metern. Also hat die Familie Klage eingereicht. Am Donnerstag hat sich das Verwaltungsgericht München selbst ein Bild von der Situation gemacht

Es ist eine dieser typischen Reihenhaussiedlungen in Vororten, entstanden vermutlich Ende der Siebzigerjahren. Gut ein Dutzend Personen - neben den Vertretern des Verwaltungsgerichts Mitarbeiter vom Landratsamt sowie der Gemeinde Maisach - hat sich an diesem kühlen und windigen Aprilnachmittag vor dem Haus des Klägers versammelt. Die Blicke schweifen immer wieder mal in die Höhe, suchen die Dächer der Umgebung nach Gauben ab. Denn natürlich spielt es für die Entscheidung der Frage, ob zwei Gauben von jeweils vier Meter Breite auf einem Haus dieser Größe genehmigt werden können, eine Rolle, ob es in der Umgebung bereits ähnliche Aufbauten gibt. Derweil referiert der Vorsitzende Richter Johann Oswald die Eckdaten des Falles: 2013 beantragte die Familie die Gauben, 2014 lehnte das Landratsamt sie aufgrund ihrer Größe ab. Gegen diese Entscheidung legten die Gernlindner Klage vor dem Verwaltungsgericht ein.

"Hier drüben sehe ich einige Gauben", sagt Oswald. Um einen Eindruck der Umgebung zu bekommen, schlägt er einen Rundgang vor. Der ist Bestandteil von praktisch jedem so genannten Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts. Die Richter müssen sich ein Bild vor Ort machen, damit sie beurteilen können, wie sich ein Vorhaben in die Umgebung einfügen wird. In Gernlinden zählen die Prozessbeteiligten in den benachbarten Häuserreihen 18 Gauben. So breit aber wie die von den Klägern beantragte ist keine. Das hat auch einen Grund: Für das gesamte Gemeindegebiet Maisachs gilt eine Gaubensatzung. Die besagt, dass Dachgauben höchstens ein Drittel der Hausbreite ausmachen dürfen.

"Es gibt Rechtsprechungen, die Gauben als verschandelndes Merkmal definieren", wendet sich Oswald an den Kläger. Er lässt durchblicken, dass er für dessen Klage kaum Erfolgsaussichten sieht. Ob er sich nicht vorstellen könne, die Gauben zu verkleinern und auf ein richterliches Urteil zu verzichten, fragt er den Kläger. "Es gibt eine Variante, die genehmigungsfrei wäre, aber nicht das bauliche Potenzial ausschöpft", erwidert dieser. Wie er erläutert, soll mit dem Gaubeneinbau ein weiteres Bad unterm Dach entstehen. Mit weniger Breite funktioniere das nicht richtig, eine schmalere Gaube "wäre die Notlösung". "Wenn wir nichts zur Satzung sagen, sind ihre Gestaltungsmöglichkeiten noch größer", sagt der Vorsitzende und gibt ihm erneut zu verstehen, dass er ohne ein Urteil wahrscheinlich mehr Freiheiten bei der Gaubengestaltung hätte. Doch der Kläger folgt dem Hinweis nicht. Nach einer kurzen Beratung mit seinem Anwalt besteht er auf ein Urteil. Dies steht noch aus.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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