Maisach:Gegenwind für Rotoren

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Maisachs Bürgermeister wirbt in Überacker für die Aufstellung von Windrädern. Die Bürger reagieren auf die Pläne zurückhaltend

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Längst ist der Landkreis abgerückt von seinen Plänen eines gemeinsamen Konzept aller Kommunen zur Aufstellung von Windrädern. Den Todesstoß bekam die interkommunale Kooperation durch die sogenannte 10-H-Regelung, welche Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in Anbetracht einer großen Anzahl von Windkraftgegnern 2014 einführte. Sie verfügt, dass der Abstand eines Rotors zur nächsten Wohnbebauung mindestens das Zehnfache seiner Höhe betragen muss oder dass alle Anwohner für die Aufstellung sind. In der Gemeinde Maisach, der flächenmäßig größten im Kreis, will man aber nicht so schnell aufgeben. Im Norden der Kommune gäbe es nach derzeitigen Erkenntnissen drei mögliche Standorte für Rotoren. Und die Politiker im Gemeinderat sind nicht generell gegen den Versuch, die Pläne weiterzuverfolgen, vorausgesetzt die Bevölkerung trägt das mit. Das hat eine Abstimmung im Gremium vor ein paar Monaten gezeigt.

Wie nun allerdings die Betroffenen, sprich: die Anwohner, zu einem Windrad auf Maisacher Flur stehen, sollte bei den alljährlichen Ortsteil-Gesprächen der CSU im Sportlerheim in Überacker abgefragt werden. Bürgermeister Hans Seidl und seine Parteifreunde, Fraktionsvorsitzende Gabi Rappenglitz und Kulturreferent Stefan Pfannes aus Rottbach, stießen jedoch nicht gerade auf Begeisterung. Seidl argumentierte sehr überzeugt für weitere Windräder. Und beendete die Diskussion schließlich mit der Aussicht einer "umgekehrten 10-H-Regelung". Damit meint er eine finanzielle Beteiligung an den profitablen Energieerzeugern - und zwar abhängig davon, wie weit die Rotoren vom eigenen Haus entfernt stehen.

Die Veranstaltung im Sportlerheim lief schon weit mehr als eine Stunde, als ein Mann das Thema ansprach, mit dem die CSU ihr Ortsteilgespräch für Rottbach und Überacker betitelt hatte. Neulich bei einer Radtour sei er an Windrädern in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau vorbeigekommen - und keines sei gelaufen. Nun fragte der Mann den Bürgermeister: "Wie sieht es denn mit der Wirtschaftlichkeit aus?" Drei Prozent Rendite werden dort laut Seidl erwirtschaftet. Der Bürgermeister, der vor seiner Wahl selbst bei einem Energieversorger gearbeitet hatte und ein vehementer Verfechter regenerativer Energiequellen ist, verwies auf Wartungsarbeiten und Fledermausmonitoring. In solchen Phasen drehten sich die Windräder nun einmal nicht. Die Rendite bleibe davon unberührt. Das Streben nach weiteren Windrädern erklärte Seidl damit, dass die geplanten Stromtrassen vom Norden der Republik in den Süden nicht so schnell realisiert werden wie die Abschaltung der Atomkraftwerke kommen werde. "Wenn die abgeschaltet werden, hat Bayern ein wirtschaftliches Problem."

"Rundherum werden doch Atomkraftwerke gebaut", rief ein Mann in den Saal. Eben deswegen müsse Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen, konterte Seidl und verwies auf die Risiken sowie die ungeklärte Frage nach dem Atommüll. "Man muss schon einmal gesamtpolitisch solidarisch denken", in Ohu etwa wären die Anwohner froh, wenn sie statt ihres Meilers zehn Windräder haben könnten. Ein Mann stand auf und rief leicht panisch: "Wenn wir die Laufzeit nicht verlängern, werden wir einen Engpass haben." Ein anderer schimpfte: "Das war schon von der Merkel ein Blödsinn", womit er die sehr schnelle Entscheidung zum Atomausstieg meinte.

"Da ist überstürzt gehandelt worden, vernünftiger ist, wir machen uns jetzt Gedanken", pflichtet Seidl der letzten Wortmeldung bei. Und genau das wolle er vermeiden, indem er jetzt ohne Zeitdruck untersuchen lassen wolle, ob in den drei möglichen Bereichen, die sich auf Basis des interkommunalen Teilflächennutzungsplans des Landkreises zur Windkraft ergeben haben, im Maisacher Norden weitere Windräder aufgestellt werden könnten. Laut Seidl fehlen dazu unter anderem topografische und biologische Untersuchungen. Zudem müsse der Gemeinderat "erst einmal darüber entscheiden, ob er weiterdiskutieren will".

Und das hänge dann wiederum mit der Stimmung in der Bevölkerung zusammen. Die hatte sich nach Seidls überzeugenden Argumenten von Ablehnung in abwartende Zurückhaltung gewandelt. Vor allem als der Rottbacher Pfannes versprach: "Dass dort nichts passiert ohne Bürgerbeteiligung." Derzeit wird dem Bürgermeister zufolge überlegt, wie eine umgekehrte 10-H-Regelung aussehen könnte. Der Ansatz soll eben sein, dass die Anwohner sich umso mehr finanziell beteiligen können, je geringer der Abstand ihres Hauses zu dem Windrad ist.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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